Demokratischer Wandel in Birma: Der unbeugsame Komiker

Der Satiriker Zarganar ist einer der prominentesten Dissidenten Birmas, jahrelang saß er im Gefängnis. Jetzt plädiert er für die rasche Aufhebung ausländischer Sanktionen.

Zarganar hat trotz fünf Jahren Einzelhaft seine Markenzeichen nicht verloren: das breite Grinsen und seinen Humor. Bild: dpa

BANGKOK taz | Wer ihn mit seinem Glatzkopf, dem verschmitzten Gesicht und den strahlenden Augen zum ersten Mal sieht, kann kaum glauben, dass er jahrelange Haft und Folter hinter sich hat. Zarganar wirkt kraftvoll, unbeugsam und lebensfroh. Dass er im Zuge der Reformen in Birma bereits am vergangenen 12. Oktober freikam, während viele Mitstreiter noch in Haft bleiben mussten, wollte er nicht akzeptieren.

Kaum hatte Birmas populärster Komiker das Gefängnis im Kachin-Staat hinter sich gelassen, forderte er von Präsident Thein Sein die Freilassung sämtlicher politischer Gefangener. "Geben Sie Min Ko Naing die Freiheit als Geburtstagsgeschenk," sagte Zarganar etwa auf einer Veranstaltung am 18. Oktober, bei der Unterstützer anlässlich des 49. Geburtstags des damals noch inhaftierten früheren Studentenanführers gedachten. Am 13. Januar wurde Min Ko Naing freigelassen, und mit ihm kamen viele weitere Dissidenten frei.

Zarganar selbst, der viermal ins Gefängnis geworfen und wieder entlassen wurde, begegnet der eigenen Freiheit mit gemischten Gefühlen. "Als ich den Flughafen in Bangkok sah, die großen Gebäude und Straßen, da bekam ich einen Schock", bekannte er bei seiner ersten Auslandsreise überhaupt, die ihn im Dezember in Thailands Hauptstadt führte. Er staunte über die "Selbstsicherheit" in den Gesichtern junger Thais: "In meinem Land sind die Gesichter junger Menschen voller Ängste."

Die Jahre im Gefängnis konnten den engagierten Komiker, der mit bürgerlichem Namen Maung Thura heißt und Zahnmedizin studierte, nicht brechen. Angst hat Zarganar, der zuletzt im November 2008 wegen "Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung" zu 59 Jahren Haft verurteilt worden war, nie gezeigt. Mit Freiwilligen hatte er ein Hilfsnetz für Opfer des Zyklons "Nargis" aufgebaut, gegenüber ausländischen Medien prangerte er das Versagen des damaligen Militärregimes an.

Humor trotz fünf Jahren Einzelhaft

1988 hatte Zarganar (was "Pinzette" heißt) während der Studentenproteste gegen die Junta einen politischen Wandel in Birma gefordert. Und als sich die Mönche 2007 gegen das Regime erhoben, rief er mit Kollegen dazu auf, die Anführer des friedlichen Aufstands zu unterstützen.

Die Zeiten nach den Festnahmen 1988 und 1990 seien die schlimmsten gewesen, sagt er: "Für fünf Jahre war ich in Einzelhaft, ohne Freunde, ohne Zellengenossen, ohne frische Luft." Erst später habe er Radio hören, Zeitungen und Bücher lesen und sich mit Mitgefangenen austauschen können. Einen damaligen Armeemajor, der ihn 1988 gefoltert hatte, sah Zarganar 20 Jahre später im Gefängnis wieder. Jetzt war sein Peiniger von einst selbst ein Häftling: "Ich gab ihm meine Hand, konnte ihm vergeben. Als ich entlassen wurde, weinte er."

In seiner Heimat haben sich mittlerweile Dinge verändert, die vor einem Jahr undenkbar schienen. Unter anderem hat die aus Exmilitärs bestehende Regierung unter Präsident Thein Sein die Medienzensur gelockert sowie ein Streik- und Demonstrationsrecht beschlossen. Dies sei kein absoluter Wandel, aber immerhin der Beginn eines solchen, sagt Zarganar. So wird die einst von der Junta geächtete Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi an den Nachwahlen zum Parlament am 1. April teilnehmen.

Künstler will nicht in die Politik

Der Satiriker und Autor, der kürzlich das "Freiheits-Filmfestival" in Rangun mitorganisierte, will sich vom politischen Parkett dagegen fernhalten: "Zarganar bleibt Zarganar - ich werde nicht an den Wahlen teilnehmen." Stattdessen will er sich engagieren - für die politische Bildung der jungen Generation. "Diese ist sehr wichtig, wenn Menschen wirklich verstehen wollen, was Demokratie und Menschenrechte bedeuten."

Er plädiert dafür, die Sanktionen gegen Birma aufzuheben, um den Weg für mehr ausländische Hilfe zu ebnen - "für unser Volk, nicht für unser Militär", betont er und grinst breit dabei. Ende Januar reist er für drei Monate auf Einladung der Stiftung von Expräsident Bill Clinton zum Studium in die USA.

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