Chinas Justiz macht kurzen Prozess – ohne Urteil

CHINA Die Ehefrau des Exspitzenkaders Bo Xilai bekennt sich des Mordes an einem Briten schuldig

BERLIN taz | Ein Jahrhundertprozess, der nach nur wenigen Stunden beendet ist: der Mordprozess gegen Gu Kailai, Ehefrau des entmachteten Spitzenpolitikers Bo Xilai, dauerte am Donnerstag in der ostchinesischen Stadt Hefei nur einen halben Tag. Ein Urteil gab es nicht. Chinesische Medien berichten, das Urteil werden zu einem noch unbekannten Zeitpunkt verkündet.

Gu und ihrem Angestellten wird vorgeworfen, am 13. November 2011 den britischen Geschäftsmann Neil Heywood in einem Hotel in der 30-Millionen-Stadt Chongqing ermordet zu haben. Gu habe mit Heywood zunächst Wein getrunken. Als er betrunken war, sich übergab und um Wasser bat, habe sie ihm Gift gegeben. Er wurde später tot in seinem Hotelzimmer gefunden. Das Gift soll Gus Angestellter Zhang Xiaojun gebracht haben. Beiden droht die Todesstrafe. Gu soll ihre Tat gestanden und um Milde für ihren Angestellten gebeten haben. Sie habe schließlich das Gift eingeflößt. Ihr Verteidiger wies daraufhin, dass Gu aus Notwehr gehandelt habe. Denn Heywood haben ihrem Sohn Guagua gedroht.

Mit Heywoods Hilfe soll Gu über Jahre hinweg Geld ins Ausland geschafft haben. Als der Brite damit drohte, dies öffentlich zu machen, brachte sie ihn der Anklage zufolge um. Ihr Gatte Bo, schon damals einflussreicher Spitzenpolitiker, war zu der Zeit im Gespräch für höchste Parteiämter. Chongqings Behörden vertuschten die Tat zunächst. Erst im Februar kam der Skandal ans Licht. Deswegen müssen sich am Freitag in Chongqing auch mehrere Polizeibeamte vor Gericht verantworten. Bo wurde im Frühjahr zwar von all seinen Ämtern enthoben und steht seitdem unter Hausarrest. Er ist bislang aber nicht angeklagt.

Der Skandal in China hat die größte Führungskrise seit mehr als zwei Jahrzehnten ausgelöst – und das zu einem heiklen Zeitpunkt. Im Herbst soll es das erste Mal seit zehn Jahren wieder einen Führungswechsel geben, bei dem das Personal bei weitem nicht feststeht. Der Mordprozess gegen Gu befeuert den Wechsel.

Der Künstler und Dissident Ai Weiwei, der selbst unter der chinesischen Justiz leidet, kritisierte den Prozessverlauf. Auch bei diesem Verfahren fehle es an Gerechtigkeit, Fairness und Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit, twittert er. „Es ist einfach traurig.“ FELIX LEE