3.000 Migranten festgenommen

RUSSLAND Polizei geht gezielt gegen Markthändler aus dem Nordkaukasus und aus Vietnam vor. Jetzt droht den „papierlosen“ Betroffenen die Abschiebung

BERLIN taz | Über 3.000 asiatischen und kaukasischen Arbeitsmigranten droht die Ausweisung aus Moskau. Bei Ausweiskontrollen auf Märkten in der russischen Hauptstadt waren sie wegen fehlender Papiere in Abschiebehaft genommen worden. In Windeseile richteten Moskaus Behörden eine Zeltstadt ein. Von dort sollen sie dann nach einem Gerichtsbeschluss ihre unfreiwillige Reise in die Heimat antreten.

Auslöser der bisher größten „Säuberungsaktion“, wie Innenminister Wladimir Kolokolzew die Verhaftung der Arbeitsmigranten nennt, war der Angriff eines dagestanischen Straßenhändlers auf dem Markt „Matwejewskij“ auf einen Polizisten, der diesen wegen Vergewaltigung verhaften wollte. In dieser Woche hatten Spezialeinheiten der gefürchteten OMON-Sonderpolizei Moskaus Märkte nach „Papierlosen“ durchkämmt.

Die ständige Vertretung der nordkaukasischen russischen Teilrepublik Dagestan verurteilte das Vorgehen gegen die Migranten. Die „theatralische Gewaltdemonstration“ widerspreche dem Gesetz. Das Verhalten einzelner Dagestaner gebe den Behörden kein Recht, alle aus Dagestan stammenden Menschen über einen Kamm zu scheren. Viele Dagestaner würden sich nun fragen, ob sie eigentlich noch Bürger dieses Staates seien. Auch die vietnamesische Botschaft zeigt sich von der Festnahme von 1.200 Vietnamesen überrascht. Diplomaten machten sich sofort nach Bekanntwerden auf den Weg zu der Zeltstadt.

Die Stimmungsmache gegen die asiatischen und kaukasischen Markthändler spielt all denjenigen in die Hände, die die Basare ohnehin dichtmachen wollen. In der jüngsten Zeit, so verkündete Moskaus Bürgermeister Sobjanin diese Tage stolz, habe man bereits 30 Moskauer Märkte schließen können. Und spätestens 2015 ist auch mit dem Matwejewskij-Markt Schluss. Auf dessen Gelände soll ein Einkaufs- und Vergnügungszentrum errichtet werden. Und auch Moskaus Supermärkte dürften sich freuen: Mit dem Verschwinden der Märkte werden sie die Preise für Gemüse und Obst nach oben treiben können. BERNHARD CLASEN