Polizei räumt besetzte Schulen

CHILE Wegen der Vorwahlen um die Präsidentschafts-kandidatur haben Spezialeinheiten der Protestbewegung einen herben Rückschlag versetzt

Seit über zwei Jahren sind Chiles SchülerInnen und Studierende im Ausstand

AUS BUENOS AIRES JÜRGEN VOGT

Chiles Präsident Sebastián Piñera kamen die Bilder der Gewalt bei den Schüler- und Studierendenprotesten am Mittwoch nicht gerade ungelegen. Noch bevor die eigentlichen Demonstrationszüge gegen Mittwochmittag losgingen, brannten pünktlich um sieben Uhr morgens an rund zehn Straßenkreuzungen im Großraum von Santiago bereits Barrikaden. Vermummte lieferten sich Wurf- und Tränengasgefechte mit der Polizei.

Während dann der eigentliche Marsch von über 100.000 SchülerInnen und Studierenden friedlich durch die Straßen der Hauptstadt Santiago zog, kam es in der Nacht zum Donnerstag erneut zu Ausschreitungen. All das diente dem Präsidenten nicht nur dazu, die Verschärfung der Polzeikontrollen anzukündigen, sondern auch die Räumung der besetzten Schulgebäude anzuordnen. Am frühen Donnerstagmorgen räumten dann Spezialeinheiten der Polizei die besetzten Schulgebäude

Allein im Großraum der Hauptstadt Santiago waren 19 Schulgebäude besetzt, dazu kommen weitere 25, die sich über das Land verteilen. Seit Tagen gab es ein Tauziehen um die Frage Räumung durch die Polizei. Denn spätestens am Donnerstag mussten die Gebäude für die Vorwahlen um das Rennen um die Präsidentschaftswahl im November zur Verfügung stehen.

Am kommenden Sonntag sind rund 13 Millionen Wahlberechtigte erstmals in der Geschichte des Landes dazu aufgerufen, in Vorwahlen die Kandidaten für die Präsidentschaftswahl im November zu bestimmen. Die besten Chancen werden der Kandidatin der oppositionellen Mitte-links-Koalition und Expräsidentin Michelle Bachelet eingeräumt, sowie Andrés Allamand, dem ehemaligen Verteidigungsminister des amtierenden rechten Präsidenten Piñera.

Seit über zwei Jahren sind Chiles SchülerInnen und Studierende im Ausstand. Sie fordern von der Regierung eine Reform des Bildungssystems. Im Wochenrhythmus finden Demonstrationsmärsche statt, die oftmals mit gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Protestierenden und Polizei, zahlreichen Verletzten und Hunderten Festnahmen enden.

Die Regierung hatte den Vorschlag der Schüler, andere Schulgebäude, die nicht besetzt worden waren, als Wahllokale zu nutzen, abgelehnt. In einem Schreiben an die nationale Wahlbehörde schlugen Studierende und Schülerverbände eine entsprechende Verlegung der Wahllokale vor. Die Proteste der Schüler und Studierenden richte sich nicht gegen die Vorwahlen. Die Besetzungen seien mit dem demokratischen Votum der SchülerInnen beschlossen und würden solange fortgeführt, solange die Regierung ihren Forderungen nicht nachkomme, heißt es in dem Schreiben.

Doch die Regierung drohte mit der Räumung unter Einsatz des Militärs. Das wäre ein Rückfall in die Zeit der Diktatur und würde die Wunden von damals wieder aufreißen, warnt Moisés Paredes, Sprecher des Komitees der OberschülerInnen.

Der Verband der Kommunen setzte bis zuletzt auf eine Verhandlungslösung. Santiago Rebolledo, der Verbandsvorsitzende und Bürgermeister von La Cisterna, erklärte, er werde keine Anträge auf eine Räumungsanordnung vorlegen. Einige Schulgebäude wurden von den Schülern freiwillig geräumt.