Noch mehr Geld im US-Wahlkampf

USA Der Oberste Gerichtshof kippt die bisherige Obergrenze für Wahlkampfspenden an Parteien und Kandidaten. Die Entscheidung fällt mit knapper Mehrheit der konservativen Richter im Supreme Court

BERLIN taz | Mit fünf zu vier Richterstimmen hat die konservative Mehrheit des Obersten Gerichtshofs der USA am Mittwoch die bislang bestehende Obergrenze für individuelle Spenden an Kandidaten und politische Parteien gekippt.

Durften Einzelpersonen bislang alle zwei Jahre bis zu 48.600 Dollar an Kandidaten und 74.600 Dollar an Parteien spenden, dürfen sie in Zukunft so viel geben, wie sie wollen. Dabei bleibt die Obergrenze von 5.200 Dollar an einen einzelnen Kandidaten bestehen – allerdings darf fürderhin an so viele Kandidaten gespendet werden, wie es beliebt, und unbegrenzt an Parteien. Für die Mehrheit, schreibt der Vorsitzende Richter John Roberts, sei kein Recht wichtiger als das der Beteiligung an der Wahl der politischen Führer. Es dürfe nicht eingeschränkt werden.

Es ist schon das zweite Mal innerhalb weniger Jahre, dass die obersten Richter die Möglichkeit wohlhabender Spender steigern, um auf Politik Einfluss zu nehmen. 2010 hatten sie im „Citizens United“-Fall entschieden – ebenfalls unter Berufung auf das Verfassungsrecht der Meinungsfreiheit –, dass Unternehmen und Interessengruppen in unbegrenzter Höhe Geld in politische Aktivitäten investieren dürfen. Seither flossen hohe Millionenbeträge in die „Political Action Committees“ (PAC). Das sind Kampagnenplattformen, die offiziell unabhängig von Kandidaten agieren, tatsächlich aber für deren Wahlkampf immense Bedeutung haben.

Spenden an die PAC müssen nicht offengelegt werden – niemand weiß, woher das Geld kommt. Das ist bei direkten Spenden an Kandidaten und Parteien anders: Sie sind verpflichtet, die Herkunft ihrer Gelder offenzulegen.

Kein Wunder, dass jetzt manche Kommentatoren und Befürworter des Urteils argumentieren, mit der Entscheidung würde der Einfluss externer Akteure zurückgedrängt, die Parteiführungen würden wieder mehr Kontrolle über die Wahlkämpfe gewinnen und es würde mehr Transparenz geschaffen. Anders sieht das die vierköpfige Richterminderheit im Obersten Gerichtshof: „Wenn Citizens United eine Tür geöffnet hat, wird die heutige Entscheidung Fluttore aufstoßen“, gab Richter Stepen Breyer in einem Minderheitenvotum zu Protokoll.

Geklagt hatte in diesem Fall ein Geschäftsmann aus Alabama gemeinsam mit der nationalen Parteiführung der Republikaner. Alan McCutcheon hatte 2012 für die Kongresswahlen 33.000 Dollar an 16 Kandidaten gespendet und kundgetan, er sei bereit, je 1.776 Dollar an zwölf weitere zu geben, habe das aber aufgrund der Obergrenzen nicht gedurft, was er als Einschränkung seiner Meinungsfreiheit empfinde. Die obersten Richter gaben ihm recht.

„Manche mögen Geld in der Politik abstoßend finden“, schreibt Richter Roberts, „aber das gilt auch für vieles andere, was vom 1. Verfassungszusatz geschützt wird. Wenn das Verbrennen von Fahnen, Proteste bei Beerdigungen und Naziaufmärsche geschützt sind, dann gilt das ganz sicher auch für den Wahlkampf.“ BERND PICKERT

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