Migrationsreform per Gericht blockiert

USA Ein Bundesrichter in Texas stoppt die Umsetzung von Barack Obamas im November angekündigten Erleichterungen für papierlose MigrantInnen. Damit liegt der Reformprozess vorerst wieder auf Eis

BERLIN taz | Der Versuch von US-Präsident Barack Obama, per Exekutivorder Erleichterungen für einen großen Teil der rund 12 Millionen ohne gültige Aufenthaltspapiere in den USA lebenden MigrantInnen zu erreichen, hat eine vorläufige Vollbremsung erfahren. Am späten Montag untersagte der texanische Bundesrichter Andrew S. Hanen die Umsetzung der entsprechenden Ankündigungen vom November vergangenen Jahres.

Eigentlich sollten sich ab diesem Mittwoch alle über 30-Jährigen, die als Kinder oder Jugendliche in die USA gekommen waren, für einen mindestens dreijährigen Abschiebestopp und Arbeitserlaubnisse registrieren lassen können. Im Frühjahr sollten jene Erwachsenen folgen, die in den Vereinigten Staaten Kinder zur Welt gebracht haben – und also inzwischen als „Illegale“ Eltern von US-BürgerInnen sind. Daraus wird nun zunächst einmal nichts.

26 republikanisch geführte Bundesstaaten hatten gegen Obamas Exekutivankündigungen vom November geklagt – und sich mit ein bisschen Geschick gerade Richter Hanen ausgesucht. Er ist für seine radikal ablehnende Haltung gegen jede Art von Erleichterungen für Papierlose bekannt. Das Argument ist zunächst formaler Natur: Nicht nur habe Obama mit seinen Verordnungen seine Kompetenzen überschritten und Programme eingeleitet, die unter die Gesetzgebungskompetenz des Kongresses fielen. Das koste die Bundesstaaten auch noch Geld, weil damit zu erwarten sei, das noch mehr „Illegale“ ins Land kämen und durch Schulbesuche und medizinische Notversorgung auf die Kassen der Bundesstaaten drückten.

In der Sache hat Hanen noch nicht entschieden. Seinen einstweilig angeordneten Umsetzungsstop begründete der Richter zunächst nur damit, dass er den von den Staaten vorgebrachten Argumenten eine gute Chance einräume. Das US-Justizministerium kann jetzt gegen die Anordnung vorgehen – doch schon das kann Wochen dauern, eine letztinstanzliche Entscheidung Monate bis Jahre.

Vor allem, fürchten Migrantenorganisationen, dürfte die entstandene rechtliche Unsicherheit die Betroffenen, die von den Programmen profitieren sollten, davon abhalten, sich überhaupt zu melden, wenn das denn wieder möglich ist. Wer kommt schon aus der Deckung und gibt alle seine Daten preis, wenn nicht gesichert ist, dass der versprochene Schutz nicht zur Falle wird?

Der republikanische Gouverneur von Texas, Greg Abbott, zeigte sich glücklich über die Entscheidung: „Der Versuch des Präsidenten, am Willen des amerikanischen Volkes vorbeizuregieren, wurde heute gestoppt“, schrieb er auf Twitter. Das Weiße Haus hingegen bedauerte, die Entscheidung Richter Hanens „verhindere, dass diese vom gesunden Menschenverstand gebotenen Maßnahmen in Kraft treten“, hieß es in einer Erklärung.

Migrantenorganisationen äußerten sich hingegen zuversichtlich, dass Obamas Vorgehen von höheren Instanzen bestätigt wird. BERND PICKERT

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