Boatpeople werden abgewiesen

SÜDOSTASIEN Tausende Flüchtlinge treiben noch auf See, doch die Regierungen von Malaysia, Thailand und Indonesien wollen keine mehr an Land lassen

„Es ist Zeit, ihnen zu zeigen, dass sie nicht willkommen sind“

MALAYSIAS VIZEINNENMINISTER WAN

AUS BANGKOK NICOLA GLASS

Das Flüchtlingsdrama in Südostasien hält an, doch die Regierungen der Region schauen angesichts der humanitären Krise lieber weg. Am Donnerstag wurde bekannt, dass Malaysia bereits zwei Schiffe mit mehr als 800 Flüchtlingen an Bord abgewiesen hat. Eines der Schiffe mit 500 Menschen an Bord war laut Innenministerium am Abend zuvor vor der Insel Penang gesichtet worden.

Nachdem man die Menschen mit Essen und Treibstoff versorgt habe, habe man sie wieder aufs Meer zurückgeschickt. Ein zweites Boot mit über 300 Flüchtlingen soll vor der Insel Langkawi abgewiesen worden sein. Dort waren am Montag bereits rund tausend Bootsflüchtlinge gestrandet, nachdem sie von ihren Schleppern im Stich gelassen worden waren.

„Es ist an der Zeit, ihnen zu zeigen, dass sie hier nicht willkommen sind“, sagte Malaysias Vizeinnenminister Wan Junaidi Jaafar Berichten zufolge. Kritik wies er zurück: „Was erwartet man von uns, was wir tun sollen? Schließlich waren wir sehr nett zu jenen Menschen, die über unsere Grenzen hereingebrochen sind.“ Auch Thailand und Indonesien machen – nicht zum ersten Mal – deutlich, dass sie die Bootsflüchtlinge, die mehrheitlich verfolgte muslimische Rohingya aus Birma (Myanmar) sowie auch Migranten aus Bangladesch sind, nicht haben wollen.

Nahe der Südwestküste Thailands, das sich derzeit als Vorreiter im Kampf gegen Schlepper-Syndikate aufspielt, war ein weiteres Boot gesichtet worden. Ein Marineoffizier erklärte, man habe die Flüchtlinge versorgt. Doch entspreche es nicht thailändischer Politik, sie ins Land zu lassen.

Unterdessen erneuern Menschenrechtler ihre Kritik: Es könne nicht angehen, sich vor einer großen humanitären Katastrophe, die umgehend gelöst werden müsse, wegzuducken. „Hier sind Menschenleben in Gefahr“, warnte Matthew Smith von der Organisation Fortify Rights. „Die Regierungen der Region betreiben ein menschliches Pingpongspiel, indem sie die Boote zurück aufs Meer schicken und gleichzeitig behaupten, gegen den Menschenhandel vorzugehen.“

Die Bemerkung aus Malaysia, man könne es sich nicht leisten, „nett zu sein“, empfinden Kritiker als zynisch. Heuchlerisch klingt vor diesem Hintergrund auch die Forderung von Vizeinnenminister Wan Junaidi, die südostasiatische Staatengemeinschaft Asean müsse Druck auf ihr Mitglied Myanmar ausüben, damit das Land die Rohingya besser behandle. Verlogen ist dies nicht nur, weil die Regierung in Kuala Lumpur auch dafür berüchtigt ist, Menschenrechte mit Füßen zu treten. Sondern auch, weil wegen der Asean-Politik der Nichteinmischung die Not der Rohingya ignoriert wurde.

Dass die Flüchtlingskrise ein Problem ist, das die ganze Region angeht, fällt den jeweiligen Regierungen erst dann auf, wenn die Hilfesuchenden buchstäblich vor deren Haustür stehen. Weder Malaysia noch Thailand noch Indonesien haben die UN-Flüchtlingskonvention unterzeichnet. Flüchtlingen, die in der Vergangenheit aufgenommen wurden, bleibt die Aussicht auf ein menschenwürdiges Dasein verwehrt.