SPORTPLATZ
: Keine Tore sind auch keine Lösung

OFFENER BRIEF Union spielt 0:0 gegen den Karlsruher SC. Das torlose Unentschieden entpuppt sich als Spielverderber

Ach, torloses Unentschieden, du hast es schwer im Leben, das ist mir nicht entgangen. Niemand hat dich gern; die Fans pfeifen, wenn du dich in den Stadien ihrer Klubs rumtreibst. Und wenn du doch mal spielerisch ein bisschen was hergibst, gar ein taktisches Schmankerl, dann bekommst du Lob von Experten. Aber keine echte Liebe.

Aber ehrlich gesagt, liebe Nullnummer, ich war ebenfalls nicht erfreut, als du am frühen Samstagnachmittag in der Alten Försterei in Köpenick zu Besuch warst. Union Berlin und der Karlsruher SC (KSC) standen sich dort gegenüber – während die Köpenicker dich auch nicht so wirklich dahaben wollten, hat das Team aus Baden mit seiner Mauertaktik viel dafür getan, dass du am Ende nach 90 Minuten herausgesprungen bist.

So richtig warm – nimm’s mir nicht übel – werde ich trotzdem nicht mit dir, schließlich lässt du etwa am Samstag ganze 20.757 Zuschauer darben. Ohne auch nur einmal einen eruptiven Torschrei auf den Lippen gehabt zu haben, traten diese den Heimweg an. Dabei hatten sie doch bei kühlem Herbstwetter schon zu so früher Anstoßzeit auf den Rängen gestanden.

Dabei dachte ich erst, dich mal lobend erwähnen zu müssen. Denn du lädst, wenn du dich so trostlos wie in den ersten 45 Minuten präsentierst, zum Träumen ein. Man konnte da in aller Seelenruhe die wehenden Baumwipfel und das fallende Laub nahe der Alten Försterei betrachten. Man konnte darüber sinnieren, ob wirklich schon zur frühen Spielzeit um 13 Uhr das elektrische Flutlicht eingeschaltet werden muss, wo doch später noch das natürliche Flutlicht – die Sonne – ins Stadion lugte.

Oder man konnte in Erinnerungen schwelgen, welch große Mannschaften doch dieser KSC einmal hatte – Manfred Bender! Oliver Kahn! Mehmet Scholl! Euro-Eddy! Wie hieß dieser Euro-Eddy noch gleich mit Nachnamen – Schmitt, gell? Auch den Union-Fans ließest du Zeit zum Träumen, während auf dem Rasen wenig passierte und auf beiden Seiten so gut wie nichts gelang. Die sangen: „Und wir werden auch mal Deutscher Meister sein.“

Du hilfst keinem weiter

Wenn sie das wirklich werden wollen, können sie dich nicht brauchen. Denn dazu müssten die Eisernen aufsteigen; das eine Pünktchen, das du ihnen nun dagelassen hast, hilft nicht weiter. Union hängt hinter den Aufstiegsrängen mit 25 Punkten auf Rang vier fest.

Aber wenn du das Tornetz schon ganze zwei Halbzeiten lang hast verhungern lassen, so hast du zwischendurch wenigstens ein bisschen Feuer aufs Feld gebracht. Weil deinetwegen alle so frustriert waren, gab es Rangeleien, Pöbeleien, Nickligkeiten.

In der Halbzeit muss Union-Trainer Uwe Neuhaus seine Kicker wohl noch vor dir gewarnt und sie daran erinnert haben, dass Fußball mit Leidenschaft und Willen zu tun hat. Oder auch, dass man aufs Tor schießen muss, damit es am Ende nicht auf dich hinausläuft – das beherzigten seine Spieler in Hälfte zwei. Sie rannten bei gefühlten 90 Prozent Ballbesitz an, flankten verzweifelt, Torsten Mattuschka versuchte, den Ball ins Tor zu jonglieren. Einzig du hattest was dagegen.

Tja, du Remis ohne Treffer, wie verbleiben wir jetzt? Vielleicht kommst du einfach mal wieder an die Försterei, wenn’s eine Liga höher gegen die Bayern geht. Dann könnten dich ein paar Unioner doch noch in ihr Herz schließen.

Wir sehen uns – wohl oder übel.

Freundliche Grüße

JENS UTHOFF