Kritik satt

Die Rügen für Sarrazins Hartz-IV-Speisevorschläge häufen sich. Grüne laden Senator zum eigenen Menü

Seinen 63. Geburtstag am Dienstag hatte sich Thilo Sarrazin sicher anders vorgestellt. Seit Tagen erntet der SPD-Finanzsenator massive Kritik für seinen detaillierten Speiseplan für Empfänger von Arbeitslosengeld II (ALG II). Nach der öffentlichen Schelte durch den Regierenden Bürgermeister und die Linkspartei muss das Geburtstagskind sogar Vorwürfe der Bundes-CDU erdulden – und offenen Spott.

CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla nutzte einen Besuch bei der Berliner Unionsfraktion, um über Sarrazins jüngsten Coup zu urteilen: „Er provoziert die Schwächsten der Schwachen. Solche Berechnungen halte ich für gänzlich falsch.“ Berlins CDU-Fraktionschef Friedbert Pflüger bezeichnete die Beispiele als „zynisch“ und urteilte: „Das sind Rechnungen von einem, der keine Ahnung hat.“ Die Frage, ob Berlins Union demnach für eine Anhebung der ALG-II-Sätze sei, wollte Pflüger jedoch nicht mit Ja beantworten.

Sarrazin hatte vergangene Woche einen Essensplan präsentiert, mit dem er nachweisen wollte, dass ein Hartz-IV-Empfänger mit knapp 4 Euro am Tag für seine Mahlzeiten auskommen kann. Ein Vorschlag für ein Mittagessen in seinen exemplarischen Rechenbeispielen klang so: „1 Bratwurst (0,38 Euro), Kartoffelbrei (0,25 Euro), 150 Gramm Sauerkraut (0,12 Euro), Gewürze/Öl (0,20 Euro).“ Nach harscher Kritik durch den Koalitionspartner Linkspartei gestand auch Sarrazins Chef Klaus Wowereit am Montagabend ein: „Es bedurfte nicht der Einzelmenüvorschläge.“

Der Grünen-Kreisverband Friedrichshain-Kreuzberg lud den Jubilar am Dienstag zu einem „Hartz-IV-Geburtstagsmenü“ ein. Ein „gemeinsames Dinner“ werde des Senators „Meinung über die Lebensrealität von Hartz-IV-Empfängern mit Sicherheit revidieren“, erklärte die Fraktionschefin Tine Hauser-Jabs. MATTHIAS LOHRE