Kreativwirtschaft: Zocken mit den Kreativen

Mehr Geld für die boomende Kreativindustrie: Die landeseigene Investitionsbank legt einen Risikokapitalfonds auf. Mit den 30 Millionen Euro sollen ausgesuchte Existenzgründer rasch expandieren - und dem Fonds Gewinne einbringen.

Kreative Unternehmen und turbokapitalistische Finanzierungsmodelle - geht das zusammen? Und wie, findet die Investitionsbank Berlin (IBB). Deren Chef Dieter Puchta stellte am Mittwoch einen Risikokapitalfonds (siehe Kasten) für die Berliner Kreativwirtschaft vor. Der bundesweit einmalige Fonds mit einem Volumen von 30 Millionen Euro soll frisches Geld in Berlins Ideenwerkstätten pumpen.

Die Bereitstellung von Risikokapital, auf Englisch auch Venture Capital genannt, ist eine Form der Unternehmensfinanzierung. Dabei schießt ein Investor einer nicht an der Börse notierten Firma Geld zu und wird so zum Gesellschafter. Infrage dafür kommen in der Regel junge, innovative Firmen, die bei einer Erhöhung ihres Kapitalstocks rasche Expansion und damit hohe Rendite versprechen. Die Firma kann so schnell an viel Geld kommen, ohne Sicherheiten vorzuweisen. Einige Jahre später zieht sich der Geldgeber wieder aus der Firma zurück. Ist bis dahin die Expansion geschafft, machen alle Gewinn - ist sie es nicht, muss die Firma liquidiert werden.

Zur Kreativwirtschaft gehören Unternehmen aus der Medienbranche, der Werbung, dem Architektur-, Mode- und Kunstbereich, der Musikindustrie sowie Kulturbetriebe. In Berlin zählten im Jahr 2005 insgesamt 22.600 Unternehmen mit 167.000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von 18,6 Milliarden Euro zu dieser Sparte, sagte Wirtschaftsstaatssekretärin Almuth Nehring-Venus. Das entspreche einem Fünftel der Berliner Wirtschaftsleistung. Zwischen den Jahren 2000 und 2005 habe die Branche ein Umsatzplus von insgesamt 23 Prozent erwirtschaftet. "In der Kreativbranche haben wir in Berlin einen deutlichen Vorsprung zur bundesdeutschen Entwicklung."

Das Problem der Branche liegt laut Nehring-Venus auch nicht in mangelndem Potenzial oder Ideenreichtum, sondern im fehlenden Eigenkapital. Der Geldmangel bremse viele Unternehmen in ihrer Entwicklung.

An dieser Stelle will nun die IBB in die Bresche springen. Aufstrebende junge Kreativunternehmen könnten auf Finanzspritzen von bis zu 3 Millionen Euro hoffen, sagte der Geschäftsführer der IBB Beteiligungsgesellschaft, Marco Zeller. Innerhalb der nächsten fünf bis sechs Jahre wolle die IBB Beteiligungsgesellschaft in 30 bis 40 Antragsteller investieren. Voraussetzung für eine Beteiligung sei neben einem schlüssigen Konzept und hohem Wachstumspotenzial vor allem die Unternehmerpersönlichkeit. Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es bereits eine Beteiligung an einem Internet-Sportportal. 26 Anträge seien abgelehnt worden, 42 würden derzeit geprüft.

Der im Dezember 2007 gegründete Fonds sei je zur Hälfte von der IBB, die dem Land Berlin gehört, und der EU bestückt worden, sagte Puchta. Da Berlin ab 2013 vermutlich keine weiteren Mittel aus den Regionalfonds der EU erhalten werde, sei es wichtig, weg von einmaligen Zuschüssen hin zu "revolvierendem Kapital" zu kommen - also zu Geld, das sich selbst erneuert. Denn nach dem Ausstieg aus dem Unternehmen wird das investierte Kapital plus der hoffentlich erzielten Gewinne wieder dem Fonds zugeführt. Es steht dann neuen Antragstellern zur Verfügung.

Die hohe Qualität und Vielfalt der bisherigen Bewerbungen habe ihn überrascht, sagte Zeller. Nach anfänglich eher zurückhaltenden Erwartungen "haben wir inzwischen das Gefühl, dass es da interessante Geschäftsmodelle gibt".

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