… der Karneval?
: Krise schieben

Mit viel Tätärä versuchen ein paar Spaßnasen seit Jahren, an der Spree so etwas wie eine Karnevalstradition zu etablieren. Ein mühsames Unterfangen – schließlich sind die BerlinerInnen von Natur aus säuerlich-protestantisch oder gänzlich anderweitig sozialisiert. Nun wird das zarte Pflänzchen Frohsinn auch noch von der Krise gerupft: Die Veranstalter des Rosenmontagsumzugs müssen mit 15 bis 20 Prozent weniger Sponsorengeldern auskommen als in den Vorjahren. Das fand die Presseagentur dpa bei einer Umfrage im Jeckenmilieu heraus.

Bei der „Stadtgarde Rot-Gold Berlin“ aus Treptow etwa führt die Absage eines Einkaufscenters dazu, dass sie nur noch mit einem statt zwei Festwagen starten kann. Damit der Schwund nicht ganz so auffällt, will man aber keinesfalls an den Kamellen sparen. Auch dieses Jahr sollen wieder sechs Tonnen Bonbons geworfen werden – obwohl die Veranstalter mit einer geringen Zuschauerzahl rechnen.

Dabei könnte es, rein politisch gesehen, dieses Jahr so lustig werden wie nie: Die Berliner S-Bahn und die schwarz-gelbe Regierungskoalition liefern genug Stoff für Witze, das Wetter tut ein Übriges. Wozu aufwändige Wagen und Mariechen, wenn man mit einer schlichten Westerwelle-Nase in einem S-Bahn-Wagen aus Pappmaschee übers Eis schlittern kann? Ein politischer und niedrigschwelliger Zuschnitt könnte den Berliner Jecken womöglich ungeahnten Zulauf bescheren – vielleicht gibt es im nächsten Jahr ein paar Autonomenwagen? Gentrifizierung Helau! API Foto: ap