Wenige Fälle, viele Klischees

Muslime beim Schulsport

VON ANTJE LANG-LENDORFF

Muslimische Eltern haben kein Problem mit dem Schulsport. Lediglich 26 Eltern stellten in den letzten fünf Jahren einen Antrag, ihr Kind aus Glaubensgründen vom Schwimmunterricht befreien zu lassen. Angesicht von 300.000 Berliner Schülern ist diese Zahl verschwindend gering. Und sie führt bestens vor Augen, woran die Diskussion um den Islam in Deutschland krankt: Sie dreht sich viel zu viel um Stereotype.

Ausführlich wurde in der Öffentlichkeit debattiert, ob muslimische Mädchen zum Sport- und Schwimmunterricht gezwungen werden sollen. Dagegen ist zunächst nichts einzuwenden. Im Gegenteil: Die Gesellschaft muss sich darüber verständigen, wo die Glaubensfreiheit des Einzelnen endet, wo die Unterdrückung der Frau anfängt. Das Problem ist, dass die Relationen verloren gehen. Längst hat man den Eindruck, bestimmt jedes zehnte muslimische Elternpaar will nicht, dass die Tochter baden geht. In Wirklichkeit handelt es sich aber nur um wenige Einzelfälle.

Probleme prägen das Bild

Ehrenmorde, Zwangshochzeiten und eben die Verweigerung des Schulsports – das sind zum Glück die Probleme einer Minderheit. Doch sie prägen das Bild über die Muslime hierzulande. Das schürt Ängste – und die Islamfeindlichkeit. Laut einer Studie sprechen sich inzwischen mehr als die Hälfte der Deutschen dafür aus, die Religionsausübung der Muslime erheblich einzuschränken.

Die guten Nachrichten fallen schnell unter den Tisch: Mehr als die Hälfte der Muslime ist in einem deutschen Verein organisiert, ergab eine andere Studie. Und 70 Prozent der Frauen tragen kein Kopftuch. Die Mehrheit der Muslime zeigt, wie Integration funktioniert – man muss sie nur sehen wollen.