Nicht das Risiko wert

Im Berliner Forschungsreaktor arbeiten die Wissenschaftler mit Neutronen aus der Kernspaltung

VON SVENJA BERGT

Es geht um Energieeffizienz. Um das Gehör von Dinosauriern. Um kleinere Speichermedien. Um das Erkennen von Fälschungen bei Gemälden. Auf all diesen Gebieten arbeiten Forscher im Reaktor des Helmholtz-Zentrums in Wannsee. Doch falls eines Tages ein Flugzeug auf das Gebäude stürzt oder ein Anschlag das Wasserbecken des Reaktorkerns trockenlegt, bekommt die Umgebung mehr von dieser Forschung ab, als ihr lieb wäre: die austretende Radioaktivität.

Brav weiterleben

Es geht nicht darum, wie wahrscheinlich dieses Szenario ist. Schon im Begriff „Restrisiko“ liegt dessen Definition des Unwahrscheinlichen. Aber dass es vorhanden ist, zeigt ein Blick auf die Notfallpläne, in denen detailliert Handlungsanweisungen, Evakuierungswege, Notunterkünfte und Dekontaminierungseinrichtungen aufgeführt sind. Es ist eine recht naive Hoffnung, dass die Berliner im Falle austretender Radioaktivität daran glauben, dass die Substanzen schon nicht weiter als 2,5 Kilometer fliegen werden. Kaum jemand würde brav seinen Alltag weiterleben, in der Stadt bleiben und dem Fluchtreflex widerstehen. Hinzu kommt das Problem der Endlagerung des radioaktiven Materials. Das wird in diesem Fall in die USA verschifft, was das Problem nur verlagert und nicht löst.

All das, um kleinere Speichermedien zu haben? Um Brennstoffzellen zu optimieren und Bildfälschungen zu erkennen? Auch die Wissenschaft muss sich überlegen, ob Forschungsmethoden verhältnismäßig sind. Und ob es nicht einen anderen Weg gibt.

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