SPD streitet über Mitgliederbefragung

LANDESVORSITZ Der Spandauer Ortsverein initiiert landesweite Unterschriftensammlung für Direktwahl – der Kreuzberger Parteivize fordert die Mitglieder jedoch per Rundmail auf, das nicht zu unterstützen

In der SPD vertieft sich die Kluft zwischen Landeschef Michael Müller und Herausforderer Jan Stöß, dem SPD-Kreischef von Friedrichshain-Kreuzberg. Unterstützer von Müller haben eine Unterschriftensammlung auf den Weg gebracht. Ihr Ziel: den SPD-Chef nicht wie geplant beim Parteitag im Juni, sondern über eine spätere Mitgliederbefragung bestimmen zu lassen. In Friedrichshain-Kreuzberg forderte Stöß-Vize Ralf Höschele seine Mitglieder per Mail auf, sich nicht daran zu beteiligen.

In den vergangenen Wochen waren Versuche gescheitert, eine Mitgliederbefragung per Antrag mehrerer Kreisverbände zu erzwingen. Bereits Anfang März hatte Michael Müller im Landesvorstand vergeblich eine Befragung der Basis angeregt. Nun nutzen zwei SPD-Ortsvereine einen Passus der Parteisatzung, via Unterschriftensammlung eine Basisbefragung zu erzwingen. Dazu müssen binnen drei Monaten 10 Prozent der 16.765 Berliner SPDler unterschreiben.

Hintergrund ist, dass das Müller-Lager wenig Hoffnung auf eine Mehrheit unter den 225 Delegierten des Parteitags hat. Der Anstoß zu der Unterschriftensammlung kommt jedoch überraschenderweise aus dem Kreisverband Spandau, wo Stöß’ Verbündeter Raed Saleh Vorsitzender ist. Die Spandauer fühlen sich ausgegrenzt, weil sie keine Parteitagsdelegierten haben. „Das ist ein ziemlich durchsichtiges machttaktisches Manöver“, schreibt Kreuzbergs SPD-Vize Höschele in einem Mailverkehr, der der taz vorliegt. Er lehnt es ab, die Vorstandswahl zu verschieben: „Die Folge wäre eine monatelange Hängepartie.“

Laut Mitinitiator André Dietzschke aus Spandau soll es am Wochenende einen ersten Zwischenstand geben. „Ich hoffe, dass wir in Kürze so viele Unterschriften zusammenbekommen, dass es sich der Landesvorstand noch mal überlegt, ob er den Parteitag nicht doch verlegt“, sagte Dietzschke. Eine offizielle Stellungnahme des Vorstands liegt laut SPD-Sprecherin Josephine Steffen bislang nicht vor.

Mit seiner Aufforderung, sich nicht zu beteiligen, löste Höschele in Friedrichshain-Kreuzberg nicht nur Begeisterung aus. „Sorry, Ralf, aber das geht gar nicht“, mailte ihm Ex-Kreisvize Silke Fischer zurück. „Bislang ist es guter solidarischer Brauch in der SPD, persönliche Angriffe gegen Genossen nicht über den Verteiler zu senden, da sollte man sich dran halten.“ STEFAN ALBERTI