DIE EM AUS SCHWEDISCHER SICHT
: Magie des Bronzesommers

Daniel Alling

Jedes Jahr, wenn Schweden bei einer Fußballmeisterschaft dabei ist, hoffen wir. Hoffen, dass es wieder so wird wie 1994 – im magischen Bronzesommer.

Wir, die damals noch jung waren, werden diesen Sommer nie vergessen. Das Wetter war traumhaft, und sogar die meisten Deutschen wissen, dass das für Schweden sehr ungewöhnlich ist. Noch ungewöhnlicher als gutes Wetter sind für Schweden allerdings Medaillen bei großen Fußballmeisterschaften. Und seit dieser unerwarteten, unglaublichen, tollen Kombination von Wetter und Erfolg 1994 hoffen wir eben, dass das noch einmal passiert.

Die Helden damals hießen Ravelli, Brolin, Thern, Dahlin und Andersson. Vor dem Turnier waren das gute Fußballspieler. Während der Wochen in den USA aber haben sie sich in Weltklassespieler verwandelt. Und man muss sagen, dass für Schweden die Bronzemedaille mehr wert ist als eine Goldmedaille für Deutschland. Deutschland hat häufig die Möglichkeit, Bronze zu gewinnen – Schweden eigentlich nie. Die Deutschen können Erfolg im Fußball einfordern – schwedische Fans können nur darauf hoffen. Das ist ein großer Unterschied.

Diesmal gehört die blau-gelbe Mannschaft Kapitän Zlatan Ibrahimovic. Er ist der derzeit berühmteste Schwede. Das Buch, das er geschrieben hat, haben fast alle Schweden gelesen – zumindest haben alle darüber gesprochen. Sie wollten wissen, wer dieser faszinierende Mann eigentlich ist. Ibrahimovic steht für etwas Neues in Schweden. Nicht nur weil er, anders als die meisten Schweden, einen Migrationshintergrund hat, sondern auch wegen seiner Persönlichkeit als Spieler. Ibrahimovic hofft nicht nur auf Erfolg – er fordert ihn. Dank ihm denken die Schweden dieses Jahr, dass es noch einmal werden könnte wie 1994.

Es gibt Tausende Schweden in Berlin. Während der WM 2006 haben blau-gelbe Fans für einen Abend während der Vorrunde sogar das Olympiastadion in ein schwedisches Nationalstadion verwandelt. In den letzen Minuten hat uns Fredrik Ljungberg damals mit dem 1:0 gegen Paraguay erlöst. Dann haben wir im Achtelfinale gegen Deutschland gespielt. Schon vor dem Spiel wussten wir, dass gleich alles vorbei sein würde. Das überlegene 2:0 für Deutschland damals war der deutlichste Unterschied zwischen der großen Forderung und der kleinen Hoffnung auf Erfolg.

Was das Spiel und was das Wetter angeht, wurden unsere Hoffnungen seit 1994 Jahr für Jahr enttäuscht. Noch jedoch sind sie diesmal lebendig.

■ Daniel Alling ist Berlin-Korrespondent für den staatlichen schwedischen Hörfunk