Und wieder ein Prestigeprojekt weniger

MITTE Einen Tag nach der Verschiebung der IGA kippt die Konzernzentrale von ThyssenKrupp

Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) scheint am Tabula-rasa-Machen Gefallen gefunden zu haben. Einen Tag nachdem der SPD-Politiker auf dem Tempelhofer Feld die Reißleine gezogen und den Umzug der Internationalen Gartenschau (IGA) verkündet hat, trifft es jetzt auch Berlins Mitte. Die umstrittene Konzernzentrale von ThyssenKrupp am Schlossplatz soll nun doch nicht gebaut werden.

Die Entscheidung war am Dienstag bei einem Spitzengespräch von Vertretern des Essener Konzerns mit Müller und Senatsbaudirektorin Regula Lüscher gefallen. „ThyssenKrupp verzichtet auf das Grundstück am Schlossplatz und gibt dieses an die Stadt Berlin zurück“, hieß es am Mittwoch in einer Presseerklärung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Das Grundstück soll nun in den Freiraumwettbewerb zur Gestaltung des Humboldt-Forums einbezogen werden.

Überraschend kommt die Nachricht nicht. Bereits in der vergangenen Woche hatte sich der Landesdenkmalrat gegen das Projekt mit seiner gläsernen Fassade ausgesprochen. Weil es die Sicht auf das Staatsratsgebäude versperre, führe der geplante Bau des Würfels zur „massiven Schädigung der Umgebung des Baudenkmals“. Zuvor bereits hatte die Gesellschaft Historisches Berlin von einer „intellektuellen Frechheit“ gesprochen.

Darüber hinaus gab es immer wieder Gerüchte, dass der Konzern wegen der Finanzkrise ohnehin auf den Bau verzichten wolle. Das war auch der Grund, warum ein anderer Standort wohl nicht infrage kam. Bereits im Februar hatte Kulturstaatssekretär André Schmitz ThyssenKrupp angeboten, die neue Konzernzentrale in die wieder aufzubauende Bauakademie zu verlegen.

Tatsächlich hätte der Senat damit zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Denn bis jetzt gibt es für die Rekonstruktion des Schinkelbaus am Schinkelplatz keinen Investor. „Darüber wurde zuletzt aber nicht mehr gesprochen“, hieß es am Mittwoch aus dem Hause Müller. UWE RADA