Gebt Visionen eine Chance

Ein Coffeeshop wäre sinnvoll

VON KONRAD LITSCHKO

Sicher: Es ist mehr als ungewiss, ob Kreuzberg tatsächlich jemals einen Coffeeshop eröffnet. Ob dieser überhaupt eine Genehmigungschance hat. Und trotzdem sollte man ihn fordern. Denn allein die Debatte darüber hilft.

Seit Monaten wird über die Drogenverkäufer im Görlitzer Park geschimpft und diskutiert. Einzige Konsequenz bisher: Razzien und noch mehr Razzien. Das kann’s nicht sein. Und es hilft ja nicht: Die Dealer bleiben.

Das hat zwei Gründe. Zum einen sind die meisten Verkäufer Flüchtlinge, die sonst keine Arbeit finden oder finden dürfen – und sich so eben etwas verdienen. Zum anderen gibt es im Görli offenbar genügend Nachfrage. Zu fordern ist also beides: Arbeitserleichterungen für Flüchtlinge und legaler Cannabisverkauf. Ersteres liegt nicht in der Hand des Bezirks, sondern des Bundes, der das Asylrecht liberalisieren muss. Den Coffeeshop können auch die Kreuzberger auf den Weg bringen.

Diskurs eröffnet

Es ist das Verdienst der dortigen Grünen, die Görli-Debatte aus der Repressionsfalle befreit zu haben. Kurzfristig schickte der Bezirk Sozialarbeiter in den Park, langfristig brachte er den Coffeeshop ins Spiel. Damit handelt er praktisch – und öffnet den Horizont über das realpolitisch Mögliche hinaus, das offenbar keine Lösung bietet. Und ist es so utopisch? In Holland gibt es schon lange Coffeeshops, in Spanien Cannabis-Clubs.

Käme das tatsächlich auch nach Kreuzberg: Nicht alle Dealer sind papierlos – sie als praxiserprobte Fachkräfte anzustellen, läge mehr als nah. Und wäre erst mal die Genehmigung für einen Laden errungen, dürfte andernorts flink nachgezogen werden. Das Problem des Grastourismus wäre schnell erledigt. Nichts spricht also dagegen, einen Coffeeshop zu fordern. Einer muss ja den Anfang machen.