TAZ-ADVENTSKALENDER: DER ROCK PUB „BLACKLAND“ IN DER LILLY-HENOCH- STRASSE 1
: Metal-Gemütlichkeit neben Arbeiterfaust

1. DEZEMBER Jedes Haus hat eine Nummer. Doch was dahintersteckt, wissen nur wenige. Zum Glück gibt es Adventskalender: Da darf man täglich eine nummerierte Tür öffnen – und sich überraschen lassen

Ernst Thälmann kennt ja heute kein Kind mehr. In der DDR kannte jedes Kind den „Teddy“ aus Hamburg, den Kommunistenführer und Arbeiterführer mit einer Arbeiterfaust – hammerhart. Insofern hätten Pille und Freddy ihren Metal Rock Pub in Sichtweite des alten DDR-Denkmals im Ernst-Thälmann-Park auch „Thälmann“ nennen können oder „Teddy“, aber das klingt natürlich etwas unmetalig. Deshalb heißt der Laden „Blackland“. Was auch wieder schön ist, weil „Blackland“ ein ehemaliges Plattenbau-Eiscafé ist, das architektonisch eine einzige Verhohnepipelung des martialischen Metalchics ist – also von außen.

Drinnen rockig-holzig

Innen ist alles rockig-holzig mit ganz viel Black. Wenig Licht, kleine Bühne, Hausbier Molle vom Fass, Tattoos auf dem Busen der Tresendame – alles picobello Hard Stuff. Voll die Metal-Gemütlichkeit, seit fünf Jahren betrieben von Pille und Freddy. Das „Blackland“ war in punkto Erlebnisgastronomie fürs Plattenbauviertel praktisch Neuland, ebenso für Freddy. Der 52-Jährige ist eigentlich Dachdecker. Nach einem Unfall – „Bein kaputt gekloppt“ – wurde er 2004 zum Industriekaufmann umgeschult. „Aber wer will denn so’n Typen im Büro?!“

Also arbeitete er in einem Tattooladen und stieg dann bei Pille ein. „Von Metalmusik und Gastronomie hatte ich keine Ahnung. Aber man arbeitet sich so rein.“ Allerdings nicht bei der Musik. „Ick steh nicht auf Metal, sondern auf Deutschmucke, wo ich die Texte verstehe. In der Schule hatte ick nur Russisch. Deathmetal, Blackmetal is nicht meine Mucke. Wenn so wat hier spielt, mach ick alle Türen zu und sitz hinten in meinem Betonraum.“

So oft ist das aber nicht, weil ja auch andere Sachen laufen, zum Beispiel „Karaoke mit Knicki Knacki“ oder ein Bosshoss-Fankonzert für 150 Fans. Am Freitag war ein Charity-Abend, moderiert von Stumpen und Alf Ator, bei dem unter anderem Gitarren von Knorkator, Rammstein und Sodom zugunsten von „Ein Herz für Kinder“ versteigert wurden.

Der Vorzeigerocker

Das „Blackland“-Publikum kommt aus ganz Berlin, sagt Freddy, man sei kein Kiezklub. „Aber wir sind auch kein Rockerladen, dann käme nämlich das normale Publikum nicht. Steht ja in allen Medien, dass die Rocker auch mal Ärger machen, obwohl es auch viele nette gibt“, sagt Freddy, der selbst Harley fährt. Weil er selber so ein Netter ist, wurde er sogar eine Art Vorzeigerocker fürs Fernsehen, hat mal im „Tatort“ mitgespielt und auch in Werbeclips für „Roché“ und für vegetarische Schnitzel. Kontraste gibt’s auch im „Blackland“: „Zu uns kommen viele Anzugtypen und flippen hier aus.“ Freddys schönste Party? Die DVD-Releaseparty von Doro Pesch.

Remmidemmi herrscht im „Blackland“ hauptsächlich am Wochenende, in der Woche ist eher wenig los. In den Laden findet das geneigte Publikum übrigens auch ohne Hausnummer: Die Nr. 1 steht lediglich am Hintereingang auf dem Briefkasten. Übrigens: Heiligabend ist ab acht Uhr geöffnet. GUNNAR LEUE