Vorwürfe sollen inhaltlich geprüft werden

AUSBEUTUNG Gericht verhandelt Berufung von ehemaliger Hausangestellter eines Diplomaten

Die Frage, ob ein Diplomat für mutmaßliche Arbeitsrechtsverletzungen in Deutschland zur Verantwortung gezogen werden kann, beschäftigt erneut ein Gericht. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg verhandelt an diesem Mittwoch über die Zulässigkeit einer Klage gegen einen ausländischen Diplomaten. Er soll eine Hausangestellte unter ausbeuterischen Bedingungen beschäftigt und geschlagen haben. Der Diplomat bestreitet die Vorwürfe und beruft sich darauf, dass er von der deutschen Gerichtsbarkeit befreit sei.

Das Arbeitsgericht Berlin hatte im Juni die Klage der Hausangestellten mit ebenjener Begründung abgewiesen. Eine inhaltliche Prüfung der gegen den Diplomaten erhobenen Vorwürfe erfolgte nicht. Dagegen richtet sich nach Gerichtsangaben die Berufung der Klägerin.

Die aus Indonesien stammende Hausangestellte wird vor Gericht von der Geschäftsführerin der Hans-Böckler-Stiftung, Heide Pfarr, vertreten. Unterstützt wird die Klage vom Deutschen Institut für Menschenrechte und der Beratungsstelle gegen Menschenhandel Ban Ying. Nach deren Angaben macht die Frau die Zahlung von 70.000 Euro Lohn und Schmerzensgeld geltend.

Schlafplatz auf dem Boden

Sie hatte von April 2009 bis Oktober 2010 die siebenköpfige Familie eines saudi-arabischen Botschaftsattachés in dessen Privathaushalt versorgen müssen. Diese Aufgabe habe sieben Arbeitstage pro Woche mit Zeiten von sechs Uhr bis teilweise Mitternacht in Anspruch genommen. Geschlafen habe sie auf dem Boden im Kinderzimmer. Zudem sei sie von ihrem Arbeitgeber regelmäßig körperlich misshandelt worden.

Nach einer Studie des Instituts für Menschenrechte ist die Ausbeutung von Angestellten in europäischen Diplomatenhaushalten kein Einzelfall. Allein in der Bundesrepublik sind demnach zwischen 2008 und 2010 beim Auswärtigen Amt elf Beschwerden über Verletzungen des Arbeitsrechts eingegangen. (epd)