Jobs fallen nicht vom Himmel

Arbeitsagentur meint: Mit dem „öffentlich geförderten Beschäftigungssektor“ (ÖBS) schafft Rot-Rot keine neuen Jobs. Stattdessen stehen andere Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen auf dem Prüfstand

VON ANNA LEHMANN

Es fühlt sich einfach besser an: „Die Leute haben das Gefühl, sie sind wieder wer“, lobt der Geschäftsführer des Circus Cabuwazi, Klaus Memmert, den „öffentlich geförderten Beschäftigungssektor“ (ÖBS) des rot-roten Senats. In den sechs Zirkuszelten arbeiten bereits 20 ehemalige Ein-Euro-Jobber seit einigen Monaten als Trainer und Handwerker im öffentlich geförderten Beschäftigungssektor. Sie werden jetzt nach Tarif bezahlt und bekommen 1.300 Euro brutto. In dieser Woche gab die Senatorin für Arbeit, Heidi Knake-Werner (Die Linke), bekannt, dass Berlin 10.000 solcher Stellen bis 2010 einrichten will. Allerdings: Zusätzliche Arbeitsplätze werden dadurch nicht geschaffen.

„Durch diese Stellen wird die Maßnahmenzahl im öffentlichen Sektor nicht steigen“, stellte die Geschäftsführerin des Jobcenters Lichtenberg, Hannelore Mouton, am Freitag klar. Vielmehr könnten andere Stellen wegfallen, die bisher aus Mitteln der Arbeitsagenturen bezahlt werden – etwa Stellen, die als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme gelten. „Die ABM ist durch die neue Maßnahme auf den Prüfstand geraten“, meint Mouton. In Berlin arbeiteten im März dieses Jahres rund 7.350 Menschen in solchen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen.

Dass die Jobcenter ihre Mittel zunächst umverteilen müssen, bestätigt auch der Sprecher der Agentur für Arbeit, Olaf Möller: „Zur Verfügung steht nur das Geld, welches schon verteilt wurde.“ Mit zusätzlichen Mitteln sei in diesem Jahr nicht mehr zu rechnen. Der Etat für 2008 stehe noch nicht fest.

Doch nicht nur bei ABM muss neu gerechnet werden. Auch eine weitere Maßnahme kann ersetzt werden, meinte Knake-Werner am Mittwoch: „Der ÖBS ist eine echte Alternative zu den perspektivlosen Ein-Euro-Jobs“. In Berlin verdienen sich derzeit mehr als 35.000 Menschen ein Zubrot als sogenannte 1-Euro-Jobber. Über 200.000 Langzeitarbeitslose sind Hartz-IV-Empfänger. Weitere 250.000 Menschen beziehen Hartz IV, arbeiten aber nebenbei und gelten nicht als arbeitslos.

„Wir wissen, dass man damit nicht die Arbeitslosigkeit abschafft, uns geht es um Perspektiven für Langzeitarbeitslose“, verteidigt am Freitag eine Sprecherin der Senatorin. Der öffentlich geförderte Beschäftigungssektor soll Langzeitarbeitslosen eine Arbeit geben, die kein Arbeitgeber einstellen will, etwa weil sie behindert oder älter sind. Sie sollen gemeinnützige und zusätzliche Tätigkeiten verrichten, etwa Senioren zum Arzt begleiten.

Drei Viertel des „Lohns“ bezahlt der Bund, der im Rahmen des Programms „Jobperspektive“ in den nächsten drei Jahren 100.000 sozialversicherungspflichtige Jobs schaffen will. Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD) plant 2008 für diese und andere Eingliederungsmaßnahmen 1 Milliarde Euro zusätzlich.

Den öffentlich geförderten Beschäftigungssektor hat die Linkspartei in den Koalitionsvertrag schreiben lassen. Freilich schwebte ihr dabei vor, Hartz IV in Lohn zu verwandeln und so eine kostenneutrale Jobmaschine nach Berlin zu bringen. Dieses Ansinnen scheiterte aber im Bundesrat. Stattdessen schießt die Stadt über 80 Millionen Euro in den nächsten drei Jahren zu.