In die Kälte abgeschoben

MIGRATION Berlin schickt Flüchtlinge ins ehemalige Jugoslawien zurück. Betroffen sind meist Roma, die dort unter miserablen Bedingungen leben müssen. Scharfe Kritik von der Opposition

Erstmals seit dem Sommer hat Berlin Flüchtlinge ins frühere Jugoslawien abgeschoben. Innenstaatssekretär Bernd Krömer (CDU) sprach von „acht ausreisepflichtigen serbischen Staatsangehörigen“, die am Montagabend via Flugzeug nach Belgrad ausgeflogen wurden. Die abgelehnten Asylbewerber hätten von der Möglichkeit der freiwilligen Ausreise keinen Gebrauch gemacht und wären dazu auch nicht bereit gewesen.

Bundesweit sind Serbien und Mazedonien die häufigsten Herkunftsstaaten von Asylsuchenden. Aus diesen Staaten kommen überwiegend Roma, die häufig unter extremer Armut leiden. Sie leben in oft nicht winterfesten Blechbuden ohne Strom und Heizung. Viele sind von der Gesundheitsversorgung und vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen. In Deutschland werden sie von konservativen Politikern pauschal als Armutsflüchtlinge diffamiert. In Berlin sind Roma aus Serbien die zweitgrößte Flüchtlingsgruppe nach den Tschetschenen. Mazedonien spielt als Herkunftsland von Asylsuchenden in Berlin kaum eine Rolle.

Flüchtlingsaktivisten wurden von den Abschiebungen überrascht. Seit es kalt ist, wurde nicht auf den Balkan abgeschoben. „Wir sind davon ausgegangen, dass es einen unausgesprochenen Abschiebestopp bis zum Ende des Winters gibt“, sagt eine Beraterin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will. „Für den Winter, weil man es Roma derzeit nicht zumuten kann, dort zu vegetieren. Und unausgesprochen, weil Berlin neue Flüchtlingsströme fürchtete, wenn der Abschiebestopp öffentlich verkündet würde.“

Für Rechtsanwältin Ellen Apitz, die viele Mandanten aus dieser Region vertritt, ist die Abschiebung eine Drohgebärde, „um Druck zu machen, dass andere abgelehnte Asylbewerber freiwillig ausreisen“. Bisher bekamen viele zwar die Aufforderung, freiwillig zu gehen. Taten sie das aber nicht, blieb das bis Montag ohne Folgen. „Menschen mitten im Winter abzuschieben, die dort vielleicht nur einen Schlafplatz auf dem Feld haben, das ist nicht die Lösung“, sagt Apitz.

Die Opposition kritisiert den Senat. „Es ist das Allerletzte, die Leute gerade im Winter abzuschieben. Da zeigt der Senat sein wahres Gesicht“, sagt die grüne Flüchtlingsexpertin Canan Bayram. Und Hakan Tas von der Linkspartei erklärt: „Flüchtlinge aus dem früheren Jugoslawien haben Grund, hierher zu kommen. Es ist eine Schande, dass sie in Schnellasylverfahren gedrängt werden. Sie müssen eine faire Chance bekommen, ihr Bleiberecht in Deutschland zu prüfen.“ MARINA MAI