OFF-KINO
: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

Einmal mehr treffen sie sich gegen Ende der Ming-Dynastie alle im Dragon Gate Inn: die stolzen Freiheitskämpfer und trinkfesten Abenteurer, die verschlagenen Geheimdienstler und fiesen Eunuchen, obskure Doppelgänger und wüste Mongolen – und die starken Frauen natürlich, die in keinem asiatischen Martial-Arts-Spektakel fehlen dürfen. Tsui Harks „Flying Swords of Dragon Gate“ (Long men fei jia) macht einige Anleihen beim „Dragon Gate Inn“-Klassiker von King Hu, präsentiert sich allerdings nicht als Remake, sondern als Variation des uralten Kampfes zwischen Gut und Böse. Der lässt die Beteiligten in immer neuen Allianzen und mit allen verfügbaren Waffen aufeinanderprallen – zumal schließlich auch noch ein Goldschatz in der Wüste entdeckt wird. Ob man zum Essen im Gasthaus die Stäbchen des Hauses verwendet oder seine eigenen mitbringt, ist da fürs Überleben nicht unwichtig. Die Actionszenen kommen in 3-D nicht schlecht, Jet Li als Freiheitskämpfer ist immer gut, allein die ganzen CGI-Effekte in einer von einem gewaltigen Sandsturm freigewehten versunkenen Stadt wirken etwas übertrieben. In der analogen Ära gab es vielleicht etwas weniger Spektakel, dafür aber mehr Konzentration auf plausible Figuren. Trotzdem ein Highlight des Fantasy Festivals, das in Berlin noch bis zum 29. 8. gastiert. (Om engl. U, 26. 6. Cinestar Sony Center)

Neuinterpretation, Teil 2: In „Dem Himmel so fern“ (Far from Heaven, 2002) nahm sich der Regisseur Todd Haynes der 50er-Jahre-Melodramen von Douglas Sirk an, insbesondere dem Kleinstadtdrama „All That Heaven Allows“. Dabei führt er dessen scharfsinnige Analyse der amerikanischen Gesellschaft noch einen Schritt weiter, indem er damals noch tabuisierte Themen wie Homosexualität und Rassismus in seine Geschichte integriert. Julianne Moore verkörpert die Hausfrau und Mutter Cathy Whitaker, deren in satten Farben fotografiertes Hochglanz-Glück sich alsbald als Schein erweist, weil ihr Mann (Dennis Quaid) tatsächlich schwul ist und eine mögliche Beziehung zu ihrem schwarzen Gärtner (Dennis Haysbert) am Rassismus der Nachbarn scheitert. Den Bogen zum Hier und Jetzt schlägt der Film, weil die auftretenden Probleme eben auch Cathys liberales Weltbild in Frage stellen – das nur so lange funktioniert, als sie dafür nicht wirklich eintreten muss. (OmU, 28. 8. Freiluftkino Mitte)

Wer gerade „The Rum Diary“ angesehen hat, Bruce Robinsons Film nach Hunter S. Thompsons autobiografischem Roman über seine Zeit in Puerto Rico, mag vielleicht auch noch einmal den Vergleich zu „Fear and Loathing in Las Vegas“ (1998) ziehen: 1998 verfilmte Terry Gilliam Thompsons radikal subjektiven Roman, in dem ein Motocross-Rennen in der Wüste von Las Vegas im Jahr 1971 für den Journalisten Raoul Duke (Johnny Depp) und seinen Anwalt Dr. Gonzo (Benicio Del Toro) den Anlass bietet, so viele Drogen wie möglich einzuwerfen. Das Ergebnis ist ein psychedelischer Rausch mit irrealen Farben, in dem nicht nur Teppichmuster ein Eigenleben führen. (28. 8. Freiluftkino Friedrichshain) Lars Penning