Abseits aus dem Jenseits

TOD Frank Gierings letzte Rolle: „Der Kriminalist“, 20.15 Uhr, ZDF

„Der Kriminalist“ ist der Derrick von Kreuzberg. Sein Harry heißt Henry und wird verkörpert von Frank Giering. Der ist im Sommer überraschend gestorben, während der Dreharbeiten zur gerade laufenden Staffel. Heute hat er seinen letzten Auftritt.

Ein früherer Freund des „Kriminalisten“ wird erschossen, ein alter Mordfall noch einmal aufgerollt, die Täter am Ende zur Strecke gebracht. Business as usual. Aber trotzdem, das Wissen um Gierings letzten Auftritt ist nun einmal im Kopf. Ganz besonders gut konnte Giering die verdrucksten, in sich gekehrten, ernsten Typen spielen. Die auf Partys immer allein rumstehen. Er selbst mag auch so einer gewesen sein, den Eindruck konnte man aus Interviews gewinnen.

Die Eröffnungsszene heute spielt auf dem Berliner Polizeiball, „Der Kriminalist“ hat gerade eine flotte Sohle aufs Parkett gelegt. Henry/Giering hat im Abseits zugesehen, natürlich. Aber wie er zugesehen hat! Nicht einfach nur rumstehend. Sich im Takt der Musik wiegend, Champagner trinkend. Er trägt einen Smoking, steht ihm gut. Sagt zu seinem Chef: „Du hast so’n Wahnsinns-Hüftschwung – man merkt gleich, wo du die Waffe trägst!“ Auf die ihm eigene verhaltene Art spielt Giering das geradezu ausgelassen, lässig. Oder ist das jetzt Einbildung, liegt es an einer falschen Erwartung an Gierings letzten Auftritt?

Es gibt dann noch so eine nur etwas rätselhafte Dialogszene. „Der Kriminalist“ war gerade in gefährlicher Mission unterwegs, hat sich einem vermeintlich unberechenbaren Irren ausgeliefert, hat alles heil überstanden, ist froh, dass Henry da ist.

„Ach und, äh, danke übrigens fürs Kommen. Schön, dich zu sehen.“

„Ich hab das nicht für dich getan.“

„Was?“

„Ich hatte Angst um dich.“

„Für deine Komplimente braucht man wirklich Charakter. – Henry, das tut gut.“

Von nun an muss „Der Kriminalist“ ohne seinen Henry Charakter beweisen. JENS MÜLLER