Schockstarre im Kloster

HEILIG Die katholische Kirche ist wegen Artes Serie „Dein Wille geschehe“ (20.15 Uhr) über fünf junge Männer im Priesterseminar erzürnt. Das kann nur an der Langeweile liegen

Man muss sehr katholisch (im Sinne von „weltfremd“) sein, um in der Serie Skandalöses zu finden

VON DAVID DENK

Das Todesurteil für eine Serie ist, sie einfach nicht weiterzugucken. Nach zwei von acht Folgen „Dein Wille geschehe“ ist man geneigt, sie sterben zu lassen, die von Arte zur Verfügung gestellten DVDs der kompletten ersten Staffel auf Nimmerwiedersehen ins Regal zu stellen.

Dabei klang die Ankündigung so vielversprechend: endlich mal keine Krimi- oder Arztserie, sondern die Geschichte eines Priesterseminars in Paris, fünf junge Männer zwischen Kirchentradition, moderner Welt und ihren eigenen Bedürfnissen. Viel Raum für Abgründe, die sich auftun könnten (und laut Presseheft später auch noch auftun sollen), aber in den ersten beiden Folgen herrscht gepflegte Langeweile wie in so mancher Sonntagspredigt.

Die Serie kommt nur schwer in Fahrt – was sie von ihren Vorbildern unterscheidet. „Dein Wille geschehe“ soll die französische Antwort auf komplexe US-Serien sein, erstickt jedoch an der eigenen Schwere und Ehrfurcht vor ihrem Thema. Umso weniger versteht man die ablehnende Haltung der Kirche. Man muss sehr katholisch (im Sinne von „weltfremd“) sein, um hier Skandalöses zu finden: Homosexualität, Suizid, Mord, Allzumenschliches – Kindesmissbrauch etwa kommt gar nicht vor.

„So originell wie anspruchsvoll“ soll „Dein Wille geschehe“ laut Arte-Presseheft sein – Letzteres stimmt, wenn man damit den durchweg geschwollenen Ton der Serie meint – oder ist es nur die Synchronisation, steif und deklamierend, die diesen Eindruck erzeugt? Sie kennt keine Beiläufigkeit, alles ist bedeutungsvoll. „Die Statuen sind mehr als Statuen“, sagt etwa Priesterseminarbubi Yann (Julien Bouanich) in einer Szene. „Sie anzugreifen heißt den Sinn anzugreifen.“

Schockstarre im Kloster. Jemand hat die Statue der heiligen Claire enthauptet. Weil der Zuschauer aber längst weiß, wer es war, überträgt sich die Aufregung von Yann und den anderen (angehenden) Geistlichen um den charismatisch-eigenwilligen Abtprimus Pater Etienne Fromenger (Jean-Luc Bideau) nicht auf den Zuschauer. Auch die Bedrohlichkeit des Erzbischofs von Paris, Kardinal Joseph Roman (Michel Duchaussoy), der dem verhassten Fromenger den Vatikan auf den Leib hetzt, hält sich in Grenzen.

Außer Fromenger mangelt es zudem an Identifikationsfiguren – ein Problem, das die Serie mit der katholischen Kirche teilt. Nachdem Seminarist Christian (Antoine Hamel) von einer Frau im Frauenhaus verprügelt wurde, sagt sein Kollege Emmanuel (David Baïot), der gebetet hat, statt einzugreifen: „Ich weiß nicht, ob ich diesen ganzen Aufgaben gewachsen sein werde.“ Darauf Christian: „Lass uns beten, lass uns beten, dass wir es sind.“ Und schon murmeln sie, einander an den Händen haltend, ein Vaterunser.

Da versteht man dann plötzlich die Ablehnung der katholischen Kirche: Mit solchen Memmen als „Vorbildern“ kriegt man die Nachwuchssorgen ganz sicher nicht in den Griff.