„Wir personalisieren stärker als früher“

FERNSEHEN Das „auslandsjournal“ sendet nun schon seit 40 Jahren im ZDF. Moderator Theo Koll erklärt, wie er den TV-Klassiker umgebaut hat, wieso Modernisierung nie schadet und warum er expandiert

■ ARD: Koll, Jahrgang 1958, volontierte beim NDR und arbeitete danach für die „Tageschau“ und die „Tagesthemen“ als Hamburg-Korrespondent – außerdem verschiedene Auslandsvertretungen.

■ ZDF: 1990 Wechsel zum ZDF. 1993 Leitung der Londoner Studios. Moderation von „Frontal 21“ und „Foyer“. Seit 2010 leitet Koll die Abteilung Innenpolitik und die Hauptredaktion Ausland.

INTERVIEW DANIEL BOUHS

taz: Her Koll, Fassadenkletterer in Moskau, Rekordhitze in China oder auch die „Generation Porno“ in Großbritannien: Im „auslandsjournal“ geht es 40 Jahre nach seiner Gründung bisweilen ziemlich bunt zu, oder?

Theo Koll: Farbe schadet im Fernsehen eher selten. Die zitierten Beiträge haben allerdings hinter der bunten Fassade immer einen gewichtigen Hintergrund, eine zweite Ebene der Relevanz: beispielsweise den Klimawandel oder die Gefährdung von Kindern durch mediale Hemmungslosigkeit. Aber natürlich gilt: Eine neugierig machende Einladung nimmt man leichter an – auch wissend, dass es danach schwieriger wird und wir über unterernährte Kinder in Afghanistan und Gesundheitsprobleme in Afrika berichten.

Harte Themen verpackt der Programmplaner also hübsch?

Zu einer guten Sendung gehört sorgfältige Programmierung. Unsere Sendung hat in den vergangenen vier Jahrzehnten viele verschiedene Sendeplätze erlebt, nicht alle waren ideal. Seit ein paar Jahren folgen wir mittwochs direkt auf das „heute-journal“. Das ist ein Geschenk guter Programmplanung, weil wir damit die Chance haben, ein informationsinteressiertes Nachrichten-Publikum auch für unsere Sendung zu gewinnen – für Erzählungen von Menschen und ihrem Leben, die einen die Welt besser verstehen lassen.

Damit das klappt, haben Sie auch kräftig modernisiert: Reporter schlüpfen teils in fremde Rollen, etwa von Schwefel-Schürfern oder US-Elitesoldaten. Ist das Format damit ausentwickelt?

Auf keinen Fall. Das wäre ein großer Fehler! Ein Format, das so wunderbar langlebig ist wie das „auslandsjournal“, muss ständig erneuert werden. Wir haben in den vergangenen Jahren ordentlich an unserer Erzählweise gearbeitet. Wir personalisieren viel stärker als früher und sind – vor allem in der Rubrik „Außendienst“ – der Stellvertreter unserer Zuschauer in der weiten Welt.

Welche Frischzellenkur verpassen Sie Ihrer Sendung nun?

Zum Jubiläum haben wir dem „auslandsjournal“ ein neues Kleid gegönnt. Wir senden nun aus einem digitalen Studio, einer kleinen Version der „grünen Hölle“, aus der die aktuellen Sendungen des ZDF kommen.

„Der Zuschauer sucht auch vertiefende Informationen“

THEO KOLL

Sie verwandeln Ihre Sendung ja inzwischen gelegentlich auch in ein „auslandsjournal spezial“: monothematische Sendungen, die Sie auch aus den jeweiligen Regionen präsentieren – zum Machtwechsel in China oder zu den Aufständen in Brasilien. Flüchtet das Publikum nicht, wenn Sie statt Abwechslung nun Tiefgang bieten?

Der Zuschauer sucht, anders als es das Klischee der angeblichen Oberflächlichkeit erwarten lassen würde, offensichtlich auch vertiefende Informationen. Im aufgelaufenen Jahr haben wir mit den klassischen Magazinausgaben des „auslandsjournals“ einen phänomenalen Marktanteil von 10,9 Prozent erzielt. Rechnen wir unsere Spezial-Ausgaben dazu, dann sind es immerhin noch 10,7 Prozent. Also, kaum weniger und damit aus unserer Sicht ein bemerkenswerter Erfolg: Tiefgang funktioniert. Und die nächsten Ausgaben sind schon in der Planung: Sotschi vor den Olympischen Spielen und die Lage in Iran.

Und dann waren da gerade erste Folgen „auslandsjournal – die doku“ zu sehen. Sie expandieren also?

Ja. Anerkannte Marken muss man so breit wie möglich aufstellen. Außerdem bietet es uns die Möglichkeit, Themen, die mehr hergeben als ein paar Minuten im Magazin, ausführlicher zu beleuchten – oft sind sie ja bereits im Kasten. Das ersetzt nicht unsere reguläre Sendung, sondern läuft als zusätzliches Angebot für diejenigen, die das Thema besonders interessiert.