Spielchen mit dem Personal

Bei Pflege und Wohnen steht ein Arbeitskampf ins Haus. Das Unternehmen und Träger von Pflege- und Altenheimen hatte einen Tarifkompromiss auf Druck der Gesellschafter zurückgezogen

VON KAI VON APPEN

18 Monate nach der Privatisierung des Pflegeunternehmens „Pflege und Wohnen“ (P + W) steht Hamburgs Pflege- und Altenheimen ein Arbeitskampf ins Haus: Die Gewerkschaft Ver.di hat die Verhandlungen für einen Haustarif für gescheitert erklärt. Die Streikleitung hat am Freitag für die kommende Woche Warnstreiks beschlossen.

Eigentlich waren sich Ver.di und die P + W-Geschäftsführung bereits über einen Haustarif einig. Die Verhandlungen waren notwendig geworden, nachdem P + W seinen Austritt aus dem städtischen Arbeitgeberverband „Arbeitsrechtliche Vereinigung Hamburg“ (AVH) erklärt hatte.

Mit dem Haustarif sollten die Rechte aus den ehemaligen Arbeitsverhältnissen zur Freien Hansestadt Hamburg auf der Basis des Tarifvertrages des Öffentlichen Dienstes (TVÖD) gesichert werden. Doch auf einer Betriebsversammlung musste die P + W Geschäftsführerin Marion Goldschmidt erklären, dass sie den ausgehandelten Kompromiss zurückziehen müsse und ein neues Angebot vorlegen werde. Dazu war sie von den Gesellschaftern, Reinhold Gutmann von der Berliner Vitanas sowie Andreas Franke von der EAF Holding GmbH, gedrängt worden. „Dieses neue Angebot ist nicht annehmbar, da es die Verhandlungen auf den Ausgangspunkt zurückgeworfen hätte“, erklärt Ver.di-Verhandlungsführerin Angelika Detsch. Bei einer Demo vor der EAF-Holding in Hamburg, auf der P + W-Angestellte gegen den Austritt des Unternehmens aus dem Arbeitgeberverband AVH protestierten, hatte zudem EAF-Boss Andreas Franke die Belegschaft vor den Kopf gestoßen: Wer nicht mehr bei P + W arbeiten wolle, sollte ihm das nur mitteilen. Er habe gute Kontakte zwecks Vermittlung einer Rückkehr zur Stadt und zu Gesundheitssenator Dietrich Wersich. Und ein Schließen personeller Lücken wäre für P + W kein Problem. Bislang haben von 1.300 MitarbeiterInnen noch 650 Beschäftigte die Möglichkeit, wegen der miserablen Arbeitsbedingungen und des miesen Betriebsklimas vom Rückkehrrecht zur Stadt Gebrauch zu machen.

„Für Ver.di heißt dies nicht nur, dass dann der Betrieb nicht mehr aufrecht zu halten wäre, sagt Detsch, „es ist auch ein Zeichen von Nichtachtung und Geringschätzung gegenüber den Kollegen“. Diese hätten trotz Privatisierung und Personalknappheit ausgehalten und eine engagierte Arbeit bei der Versorgung gewährleistet. Diese Geringschätzung setze P + W nun bei den Tarifverhandlungen fort.

Das sieht P + W-Geschäftsführerin Marion Goldschmidt anders. „Das Angebot eines Haustarifvertrags stellt für einen Träger unserer Größenordnung ein Novum dar“, sagte Goldschmidt am Freitag. Der Haustarifvertrag werde den Mitarbeitern langfristig eine Sicherung geben und damit den Bewohnern eine wegweisende Betreuung garantieren. „Wir werden alle Möglichkeiten nutzen“, so Goldschmidt, „um mit unseren Verhandlungspartnern zu einem tragfähigen Abschluss zu gelangen.“

Für Ver.di-Fachsekretär Norbert Proske ist der Vorstoß nur eine „Nebelgranate“. „Es gab ja schon ein Ergebnis.“ Empört zeigt er sich darüber, dass P + W sich bemüht, die Mitarbeiter durch Druck zu bewegen, ihre Tarifvorstellungen in Individualverträge anzuerkennen. „Damit wird formal das Tarif-und Arbeitsrecht ausgehebelt“, sagt Proske. „Ich habe Frau Goldschmidt aufgefordert, diese Praxis sofort einzustellen.“