„Konformistisch gebaut“

Architekturkritiker analysiert die Hafencity

■ ist britischer Architekturkritiker und hat im Jahr 2009 den Band „Militant Modernism“ verfasst. Foto: privat

taz: Herr Hatherley, wie haben Sie sich bei Ihrem ersten Gang durch die Hafencity gefühlt?

Owen Hatherley: Frappierend fand ich vor allem die Ähnlichkeit mit anderen ehemaligen Hafengebieten Europas. In Hamburg ist das besonders bedauerlich, weil die Speicherstadt einzigartig ist. Die Hafencity nicht.

Ist die Hafencity ein Paradebeispiel kapitalistischen Bauens?

Nein, das wäre zu viel Ehre. Herausragend ist eher ihre Gleichförmigkeit. Natürlich, die Wohnungen und Büros unterscheiden sich. Aber innerhalb enger, konservativer Grenzen. Diese Architektur ist konformistisch.

Fehlt ihr der Mut?

Ja. Man könnte so viel anderes mit einem Hafengebiet tun, als Yuppiewohnungen und Büros zu bauen! Das ist nicht couragiert.

Und wie gefällt Ihnen die Elbphilharmonie?

Auch sie scheint mir weniger einzigartig, als alle sagen. Auch die neue Kopenhagener Oper etwa ist ein Glaspalast am Wasser.

In Hamburg gilt das Projekt Elbphilharmonie als Vision.

Die Idee, einen Konzertsaal mit Luxuswohnungen und -hotel zu kombinieren, finde ich nicht besonders visionär.

Empfinden Sie die Elbphilharmonie als „Haus für Alle“?

Eher nicht. In einer solchen Umgebung ist schwer vorstellbar, dass ausgerechnet die Elbphilharmonie nicht exklusiv sein soll – zumal Philharmonien nie Orte der Demokratie sind. Sondern der Zeremonie. INTERVIEW: PS

Vortrag Owen Hatherlys über Hafencity und Elbphilharmonie im Kunstraum „unlimited liability“: Sonntag, 20 Uhr, Norderstr. 71