Auf der Spur vom Man in Black

COUNTRY Ein Vermächtnis der besonderen Art hat Country-Legende Johnny Cash einst seiner Tochter Rosanne gemacht. Eine Liste der 100 besten Country-Songs schenkte er seiner Älstesten – einige davon werden morgen Abend in der Fabrik zu hören sein

Der Man in Black wäre stolz auf seine älteste Tochter Rosanne gewesen

VON KNUT HENKEL

„The List“ heißt das aktuelle Album von Rosanne Cash und es ist eine Hommage an den eigenen Vater. Der hat seiner heute 55-jährigen Tochter zum 18. Geburtstag eine Liste mit den einhundert besten Country-Songs aller Zeiten vermacht. Mit der sagenumwobenen Liste wollte das Schlitzohr seine älteste Tochter zum Country bekehren. Der Plan ging auf: gleich nach der Schule heuerte Rosanne bei der „Johnny Cash Road Show“ als Backgroundsängerin an. Aufnahmevoraussetzung war, dass Rosanne diese legendären einhundert Songs draufhatte.

Drei Jahre lang tourte die älteste der vier Cash-Töchter mit Carl Perkins, Papa Cash, Stiefmutter June Carter und deren Familienclan durch die US-amerikanische Country-Welt und lernte auch noch das letzte Kuhkaff kennen. Bis sie die Nase voll hatte vom dem nicht immer sonderlich erbaulichen Getingel und eine ganz andere Richtung einschlug als der Familienclan: sie studierte Dramaturgie an der Universität von Nashville. Später setzte sie ihr Studium in Los Angeles fort – doch der Country ließ die Frau mit der Gitarre nicht so einfach los. Sie machte solo weiter, schrieb ihre eigenen Songs und machte einen großen Bogen um die großen Hymnen des Country. Sehr erfolgreich, wie elf Nummer Eins-Hits in den Country-Charts, ein Grammy und etliche Nominierungen für den wichtigen Musikpreis belegen.

Dabei hat die selbstbewusste Frau, die nicht in der Country-Hauptstadt Nashville, sondern in New York lebt, immer auf ihre Eigenständigkeit geachtet und stets Ausflüge aus der Welt der Cowboys und Cowgirls gemacht. Kurzgeschichten und ein Kinderbuch zeugen davon genauso wie die Tatsache, dass sie wenig Lust verspürt hat, Stücke von anderen zu covern.

Bis ihr eines Tages wieder die „Liste“ in die Hand fiel, im Frühjahr 2006, drei Jahren, nachdem Rosanne Cash ihre leibliche Mutter Vivian Liberto beerdigt hatte. Für die Sängerin der richtige Zeitpunkt, sich mit dem musikalischen Vermächtnis ihres Vaters zu beschäftigen und ihr wohl persönlichste Album einzuspielen. Dabei ist die Tochter sensibel mit ihrer Auswahl der Country-Perlen umgegangen und hat sich, wenn nötig, auch Verstärkung ins Studio geholt: Bruce Springsteen, Elvis Costello und Rufus Wainwright waren dabei. Der Man in Black wäre stolz auf seine Älteste, die am Sonntag in der Fabrik zu hören ist.

■ So, 5. 9., 21 Uhr, Fabrik, Barnerstraße 36