Durchgeknallt ins Ska-Paradies

SKA Das „Tokyo Ska Paradise Orchestra“ ist Japans penetranteste Band: Sie hören erst auf ihren schwungvollen Japan-Ska zu spielen, wenn das Publikum vor der Bühne liegt

Wer keine Kondition mitbringt, hat bei den Ska-Enthusiasten nichts zu lachen

VON KNUT HENKEL

Action ist Pflicht beim „Tokyo Ska Paradise Orchestra“. Wer keine Kondition mitbringt, hat bei den Altmeistern des gepflegten Tokio-Ska nichts zu lachen. Da wird systematisch die Bühne beackert – bis das Publikum außer Rand und Band ist. Das ist nicht nur bei ihren Auftritten im Land der aufgehenden Sonne Pflicht, sondern auch bei den raren Visiten in Europa. Gerade ist es wieder einmal so weit. Über Barcelona, Madrid und Paris nähern sich die Ska-Enthusiasten dem Norden Europas, um ihre Mischung aus Ska, Jazz, Dub und Rock unters Volk zu bringen.

In Japan sind sie damit längst eine große Nummer und haben so manche Duftmarke in der Musikwelt zwischen Sapporo und Kumamoto gesetzt. Dabei haben die zehn High School-Musiker um den Perkussionisten Asa-Chang das Feld von hinten aufgerollt. Unzähligen Konzerten in kleinen Clubs im Großraum von Tokio folgte 1989 die erste EP. Knallgelbes Vinyl wählten die Musiker und die bei einem Minilabel produzierte Scheibe wurde in Eigenregie wie warme Semmeln verkauft. Das machte größere Labels wie Epic auf die eigenwillige und lautstarke Underground-Band aufmerksam. Ein Jahr später erschien mit „Sukupara Tou-Jyo“ das Major-Debüt und damit ihr erster Hit: „Monster Rock“. Die treibende Ska-Nummer in bester Bigband-Manier sorgte dafür, dass sich die Tore der großen Hallen für die damals zehn Männer aus Tokios Underground öffneten. Konzerte in der bekannten Budokan-Arena vor zehntausend wildgewordenen Fans sind seitdem keine Ausnahme mehr.

Daran hat sich bis heute kaum etwas geändert, denn die nunmehr neun Ska-Enthusiasten, davon fünf aus den Gründertagen, sind auch zwanzig Jahre nach dem Debüt alles andere als faul. Nicht nur als DJs sind sie in Tokios Clubs unterwegs, sie haben längst auch mit der „Tokyo Ska Jamboree“ ihr eigenes Festival auf die Beine gestellt.

In Europa ist mit „Full-Tension Beaters“ bislang aber nur ein einziges Album von „Skapara“, wie die Band von ihren Fans abgekürzt wird, zu haben: Seit Jahren sind sie wieder bei einem Indie-Label unter Vertrag – weil ihnen die Politik der Großen nicht gefiel. Der zentrale Grund, weshalb Japans dienstälteste und wohl auch durchgeknallteste Ska-Kapelle, die seit ihrer Gründung die ganze japanische Musikwelt nachhaltig beeinflusst hat, hierzulande bisher kaum ein Bein auf den Boden bekommen hat und noch immer als Geheimtipp gehandelt wird.

Das könnte sich nun mit der ersten Clubtour seit Jahren ändern. Mit ihrer speziellen Mischung aus Ska, Rock, Dub und einem Hauch Jazz haben sie bereits den Mestizo-Fans in Spanien Beine gemacht. Mal sehen, ob sie das heute auch im Knust hinkriege.

■ Do, 16. 9., 20 Uhr, Knust, Neuer Kamp 30