Die dritte Halbzeit

AUFKLÄRUNG Die Fanrandale und der Polizeieinsatz beim abgebrochenen Fußball-Hallenturnier haben ein Nachspiel auf vielen Bühnen

■ Regress I: Die Polizei und der FC St. Pauli suchen weitere auskunftsbereite Zeugen der Alsterdorfer Ereignisse. Der Veranstalter des Turniers hat derweil angekündigt, identifizierte Gewalttäter für den entstandenen Schaden zivilrechtlich haftbar zu machen.

■ Regress II: Die Veranstalter haben zudem den VFB Lübeck und den FC St. Pauli ersucht, zur Minimierung der Verluste auf ihre Antrittsprämien zu verzichten. Pauli-Präsident Stefan Orth lehnte das Ansinnen in einer ersten Stellungnahme ab: Da seien „andere in der Haftung“.

Vier Tage nach den Ausschreitungen beim abgebrochenen Fußballturnier in der Alsterdorfer Sporthalle, in die vor allem Fans des FC St. Pauli und des VfB Lübeck verwickelt waren, hat die Aufarbeitung der Geschehnisse erst begonnen. Am Montag hatten St. Pauli-Verantwortliche, darunter Präsident Stefan Orth, der Polizei vorgeworfen, sie habe die Situation eskaliert und anschließend falsch dargestellt, habe auf friedliche St. Pauli-Fans eingeprügelt, gewalttätige Lübeck-Anhänger aber unbehelligt Straftaten begehen lassen.

Die Polizei weist diese Vorwürfe vehement zurück. Die Darstellung des Vereins sei in Teilen „abstrus“, die polizeilichen Maßnahmen wären erforderlich gewesen, „um die Situation in den Griff zu bekommen und weitere Ausschreitungen zu verhindern“, betont Polizeisprecher Mirko Schreiber. Die Vorwürfe des Vereins an die Adresse der Polizei seien „wenig hilfreich“ und „nicht angebracht“.

Auch Innensenator Michael Neumann (SPD) stellte sich hinter seine Truppe: „Die Polizei war nicht der Ausgangspunkt der Krawalle, sondern angebliche Fans von Fußballvereinen.“

Nach Einschätzung der Polizei hatten Anhänger des FC St. Pauli zuerst versucht, zu den gegnerischen Fans durchzubrechen. Der ständige Ausschuss der St. Pauli-Fanszene hingegen behauptet: „Der Gewaltausbruch ist zurückzuführen auf rechtsradikale Angriffe auf St. Pauli-Fans und eine dilettantisch agierende Polizeiführung. Von einer Auseinandersetzung unter Chaoten kann keine Rede sein.“ Auch die Abgeordnete der Linken, Christiane Schneider, hält die „polizeiliche Darstellung des Gewaltverlaufs“ für „nicht haltbar“ und fordert eine „kritische Prüfung“ des Einsatzes.

Als Reaktion auf die Vorfälle in Alsterdorf hat Neumann am morgigen Donnerstag Vertreter des HSV und des FC St. Pauli, der Hamburger Fanprojekte sowie des Hamburger Sportbundes und des Hamburger Fußballverbandes ins Rathaus geladen. Dabei wird mit Sicherheit auch die unterschiedliche Bewertung der Alsterdorfer Gewaltspirale zwischen dem FC St. Pauli und der Innenbehörde zur Sprache kommen.

Nach den Vorfällen steht die Zukunft des traditionellen Hallenturniers, das bereits 26 mal stattfand, in den Sternen. Durch den Turnier-Abbruch droht den Veranstaltern die Insolvenz. Neumann äußerte zudem „große Zweifel, ob sich solche Veranstaltungen in Zukunft noch durchführen lassen“. Die Alsterdorfer Halle jedenfalls sei „nicht geeignet“.  MARCO CARINI