Popstar der Theorie

DISKUSSION Hipster-Analytiker und „Occupy!“-Chronist: Mark Greif im Golem

„Die Politiker könnten zur Abwechslung mal von den Bürgern gewählt werden, nicht von artifiziellen Aggregaten aus Aktien und Geld“, schreibt Mark Greif in seinem Beitrag für den Band „Occupy! Die ersten Wochen in New York“. Und dass es bei den Protesten um mehr gehe „als nur um symbolische Bedürfnisse“. Und verlangt im Folgenden doch Symbolisches: die bronzene Bullenstatue vor der New Yorker Börse solle ersetzt werden durch „eine kleine Bühne oder eine Soapbox der Freiheit“, mithin „ein Symbol für die Sprache, für Reden und Argumente“.

Dass Greif auf die Macht des Wortes vertraut, liegt vielleicht nahe: Der studierte Literaturwissenschaftler und -dozent ist gerade so eine Art Popstar im nordamerikanischen Theoriebetrieb. Er gibt das auf geradezu anachronistisch in lange Texte verliebte Magazin n+1 mit heraus, hat sich mit dem Sozialtypus des Hipsters beschäftigt, aber auch seine eigene, mäßig hippe musikalische Adoleszenz ausgebreitet („Rappen lernen“).

Zurzeit von seinem deutschen Verlag auf Lese-, um nicht zu sagen: Werbetour durch Deutschland geschickt, spricht Greif in Hamburg über die „Occupy!“-Proteste, an deren Chronik, der Gazette, er auch mitwirkte. Hatten sie je auch nur entfernt etwas mit dem Arabischen Frühling zu tun? Und wie schlimm war die nie pausieren wollende Trommelgruppe wirklich?

Er habe mit 36 Jahren etwas gelernt, sagte der Absolvent diverser Ivy-League-Unis kürzlich, „das ich mit zwölf hätte wissen sollen, nämlich dass man der Polizei nicht trauen kann“. Sich selbst nannte er aber auch einen „klassischen Linksliberalen und nicht etwa Anarchisten“.

Dass der Abend nun im „Golem“ abgehalten wird, ist nur stimmig: Außenrum verschafft sich seit einigen Jahren neues Geld seine mehr als bloß symbolischen Manifestationen; man nennt es auch Gentrifizierung. Irgendeine Bewegung dagegen freilich – nicht in Sicht.  ALDI

■ So, 5. 2., 20 Uhr, Golem, Große Elbstraße 14