Vorwürfe nach Altbau-Abriss

DENKMAL Ein Gründerzeithaus auf St. Pauli steht nicht mehr. Behörden prüfen Konsequenzen

Der Bau stand unter Denkmalschutz, es war vereinbart, dass er auf jeden Fall erhalten bleibt – doch das hat offenbar nicht gereicht: Das Gründerzeithaus in Bernhard-Nocht-Straße 85–87 gibt es seit dem Wochenende nicht mehr: Es wurde abgerissen. Das Gebäude stand in direkter Nachbarschaft zur Baustelle des umstrittenen Bernhard-Nocht-Quartiers. Dessen Investor ist das Unternehmen Köhler und von Bargen, es war auch Eigentümer des Hauses.

Nachdem am Freitag eine Wand des Altbaus eingestürzt war, beginnen die Besitzer mit dem Abriss des Hauses. Diesem hatte das Denkmalschutzamt begrenzt zugestimmt: Nur die überhängenden Gebäudeteile hätten zur Sicherung abgerissen werden dürfen, sagt Kulturbehördensprecher Stefan Nowicki.

Was dann tatsächlich abgerissen wurde, sei „weit über das vereinbarte Maß“ hinausgegangen, erklärt er. Der Rest des Gebäudes sei aus statischen und denkmalpflegerischen Gründen nicht zu halten gewesen – das hätten die Bauprüfabteilung des Bezirks Mitte und das Denkmalschutzamt am Samstag festgestellt.

Die Bezirksverwaltung will den Vorfall nun untersuchen, so lange bleibt der Schutt liegen. Weil die Baugenehmigung für das Bernhard-Nocht-Quartier unter der Auflage erfolgte, das Nachbargebäude zu sichern, prüfen Denkmalschutzamt und Kulturbehörde mögliche rechtliche Konsequenzen.

Die Initiative „SOS St. Pauli“ vermutet, dass das Gebäude nicht hinreichend gesichert wurde. Der Gruppe zufolge haben Anwohner bereits Tage vor dem Vorfall Risse in den benachbarten Altbauten und einen abgesackten Gehweg bemerkt. Dennoch liefen die Arbeiten weiter.

Den Vorwurf, der Einsturz sei fahrlässig oder gar beabsichtigt gewesen, weist der Investor Helmut Köhler von sich. „Das ist ein großes Unglück und ich bin froh, dass niemandem etwas passiert ist.“ Statiker hätten die Baumaßnahme freigegeben. Der Investor will nun die Fassade rekonstruieren und das Haus nachbauen. Die zugesagte gedeckelte Miethöhe will er einhalten. LKA