Kommentar Eppendorfer Todesraser: Mehr als nur ein Schuldiger

Die Schuld der Justiz, die dem Todesfahrer seinen Führerschein zurückgab, sollte ebenfalls Gegenstand der Verhandlung sein.

Es ist paradox: Da bekommt ein Mann, der immer wieder durch epileptische Anfälle die Kontrolle über sein Verhalten verliert, per Gerichtsbeschluss ganz ausdrücklich die bereits entzogene Fahrerlaubnis wieder zurück. Nach dem nächsten Unfall ist er dann vor Gericht vor allem dem Vorwurf ausgesetzt, er hätte von dieser Erlaubnis nie wieder Gebrauch machen dürfen. Eine zynische Doppelbotschaft angesichts der vier Todesopfer.

Es spricht vieles dafür, dass der „Todesraser von Eppendorf“ die Gefahr, die von ihm ausging, sträflich verdrängt hat. Doch wie kann eine solche Verdrängungsleistung besser befördert werden als durch die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis. Hier wurden Kosten für Gutachten offenbar genauso gescheut wie ein hoher Ermittlungsaufwand. Am Ende stand die Botschaft: Du darfst dich trotz deiner Krankheit weiter hinters Steuer setzen.

Diese juristische Schlamperei spricht den Angeklagten von Schuld nicht frei – vieles spricht dafür, das er es hätte besser wissen müssen. Doch wenn es um die Verantwortung für den Todescrash von Eppendorf geht, kann sich die Kieler Justiz von einer Mitschuld nicht frei sprechen.

Dass diese Mitschuld im Prozess um die Todesfahrt von Eppendorf bislang nicht zur Debatte stand, ist ein Skandal. Die Angehörigen der Opfer haben auch hier Aufklärung verdient.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.