Zwist unter Genossen

ARBEITSRECHT Die ehemalige Geschäftsführerin der Linksfraktion in der Wandsbeker Bezirksversammlung klagt gegen ihre Kündigung – und verliert

■ Mobbing am Arbeitsplatz kann vorliegen, wenn Mitarbeiter dauerhaft und systematisch angefeindet, diskriminiert oder schikaniert werden.

■ Mobbing ist rechtswidrig – Opfer können Schmerzensgeld einklagen.

■ In der Regel kein Mobbing ist sachliche, auch harte Kritik – etwa an der Arbeitsleistung – oder eine inhaltliche Auseinandersetzung.

■ Eine EU-Agentur schätzt die Zahl der Betroffenen auf 9 Prozent. Besonders betroffen sind laut dieser Studie Arbeitsplätze mit „besonders hohen Anforderungen und besonders geringen Handlungsspielräumen“.

Alice Maria Bazarnicki kommt fast ins Schwärmen, wenn sie von ihrem alten Job erzählt. Von 2011 bis 2012 war sie Geschäftsführerin der Linksfraktion in der Bezirksversammlung Wandsbek. Die Arbeit habe eigentlich viel Spaß gemacht, sagt sie, sei herausfordernd gewesen – ein Job eben, den sie sehr gerne gemacht habe. Als ihr im Herbst vergangenen Jahres gekündigt wurde, reichte Bazarnicki Kündigungsschutzklage ein: Sie wollte weiter beschäftigt werden. Gestern nun entschied das Hamburger Arbeitsgericht – gegen Bazarnicki. Ihre Klage wurde abgewiesen. „Ich werde in Berufung gehen“, sagte Bazarnicki der taz.

Die Wandsbeker Linksfraktion begründet ihre Kündigung damit, dass das für die Arbeit als Fraktionsgeschäftsführerin nötige Vertrauen nicht mehr gegeben sei, sagt Fraktionsvorsitzender Julian Georg. „Ich bin mir keines Pflichtverstoßes bewusst“, sagt Bazarnicki. Ein Teil ihrer Klage transportiert den Vorwurf, sie sei am Arbeitsplatz gemobbt worden. Um das zu belegen, legte sie dem Gericht eine Dokumentation von Geschehnissen vor, die Bazarnicki als Mobbing betrachtet. Eine Bewertung, der sich die Richterin nicht anschloss.

Ärger in der Wandsbeker Linksfraktion gab es auch im Dezember 2012: Die Abgeordnete Anke Ehlers war aus der Fraktion ausgetreten, die zwei verbleibenden Abgeordneten hätten den Fraktionsstatus verloren. Der Konflikt konnte beigelegt werden, Ehlers kehrte nach drei Tagen in die Fraktion zurück.

Ralf Brodesser nennt die Kündigung besonders problematisch, schließlich sei Bazarnicki schwerbehindert und alleinerziehend. Brodesser war Bazarnickis Amtsvorgänger als Geschäftsführer – und er ist einer ihrer Unterstützer. Er beklagt den Umgang der Partei mit ihrer Beschäftigten: Die Linke gebe im Wahlkampf vor, 100 Prozent sozial zu sein. „Das muss die Partei auch nach innen sein“, verlangt Brodesser.

Es habe zahlreiche Gespräche gegeben, um die unterschiedlichen Auffassungen zwischen der ehemaligen Geschäftsführerin und der Fraktion auszuräumen, entgegnet Fraktionschef Georg. Er bedauere die Auseinandersetzung, sagt er – allerdings habe sich die Fraktion „zu jeder Zeit um eine faire und gütliche Aufhebung des Arbeitsverhältnisses bemüht“. Man habe eine Mediation angeboten und eine „über das übliche Maß hinausgehende“ Abfindung. Das sei nicht angenommen worden. Das Vertrauensverhältnis sei nachhaltig zerstört, eine Weiterbeschäftigung deshalb nicht möglich.

Genau die aber hatte Bazarnicki erreichen wollen.  DKU