„Rebellische Intelligenz“

LITERATUR Vortrag zur Geschichte des linken Buchhandels in Deutschland seit den 70ern

■ 37, Historiker und Doktorand an der Uni Potsdam, promoviert zur Geschichte des linken Buchhandels seit den 1970er-Jahren.

taz: Herr Sonnenberg, was verstehen Sie unter linkem Buchhandel?

Uwe Sonnenberg: Viele denken da an die Deutsche Kommunistische Partei (DKP). Mir geht es aber um die Ultralinken, wie sie dann von der DKP genannt wurden. Die hatten sich im Verband des linken Buchhandels (VLB) organisiert und ein eigenes politisch-literarisches Feld gebildet.

Wer gehörte dazu?

Der VLB wurde am Rande der Frankfurter Buchmesse 1970 gegründet. Hier haben sich die vielen kleinen Verlage, Buchläden, Vertriebe und später auch Druckereien zusammengeschlossen, die im Zuge der 68er-Revolte aus studentischen Zirkeln und subversiven Kommunen entstanden sind. Bekannte Verlage waren Trikont, Neue Kritik oder Nautilus hier in Hamburg.

In wieweit war der Verband auch ein politisches Netzwerk?

Wir haben es hier mit einer rebellischen Intelligenz zu tun. Es ging darum, sich gemeinsam über Probleme kollektiven Arbeitens und alternativer Ökonomien im real existierenden Kapitalismus auszutauschen.

Gab’s keine Aktionen nach außen?

Doch. Wichtig war der Mai 1976, als das Gesetz zum Schutz des Gemeinschaftsfriedens Gültigkeit erhielt. Dieser Gummiparagraph konnte direkt auf die Tätigkeiten des linken Buchhandels eingesetzt werden. Der VLB versuchte auf vielfache Weise, die Öffentlichkeit dagegen zu mobilisieren.

Warum gibt es den Verband denn nicht mehr?

Er ist eingeschlafen. Anfang der 80er war kein gemeinsamer politisch-theoretischer Rahmen mehr zu erkennen. Das letzte bundesweite Treffen fand im November 1980 statt.

Und heute?

Das müssen sie die heute noch aktiven linken Buchhändler fragen.  INTERVIEW: CABI

Vortrag „Spartakus, Manifest und Association – die neue Kritik – Zur Geschichte des linken Buchhandels in Westdeutschland“: 19.30 Uhr, Geschichtswerkstatt Eimsbüttel, Sillemstraße 3, Eintritt drei Euro