Die Verlässlichkeit der Waffenführer

PSYCHOLOGIE In aufwendigen Verfahren wird die Waffentauglichkeit von Menschen geprüft

VON ANNA FRENYÓ

Nach Amokläufen werden immer Waffengesetze verschärft. Das war nach Erfurt 2002 so. Das war nach Winnenden 2009 so. Aber wie kommt man noch legal an Waffen? Gibt es Charaktertests? Wer legt die Kriterien fest?

Einen Waffenschein bekommt nicht jeder. Noch nicht einmal Sportschützen und Jäger. Diese haben lediglich eine Waffenbesitzerlaubnis. Einen Waffenschein dagegen braucht, wer die Waffe auf der Straße trägt. Eine Waffe „führen“, heißt das im Juristendeutsch. Als Personenschützer zum Beispiel.

In Österreich muss laut Waffengesetz jeder, der eine Waffe privat besitzen und führen möchte – bis auf Jäger und Dienstwaffenträger – nach waffenpsychologischer Verlässlichkeit geprüft werden. Die Gutachter sind speziell ausgebildete Psychologen, die jedes Jahr an Fortbildungsseminaren teilnehmen müssen.

In Deutschland hingegen besteht die gesetzlich vorgeschriebene Notwendigkeit eines Begutachtens der persönlichen Eignung nur in zwei Fällen: bei unter 25-Jährigen, meistens Sportschützen, und bei Personen, die eine Waffenerlaubnis beantragen, die Behörden aber Bedenken haben. „Bedenken sind angebracht bei bekannter Trunkenheitsfahrt, Suchtpotenzial, Drohung des Ehepartners, Depressivität, Suizidneigung der Antragstellenden“, sagt Professor Dr. Dietmar Heubrock, Geschäftsführer des Instituts für Rechtspsychologie der Universität Bremen, das selbst waffenpsychologische Gutachten erstellt.

Das Bremer Institut hat zum Beispiel normierte Methoden der Psychologie entwickelt, um die geistige Reife festzustellen. Dies ist bei unter 25-jährigen Sportschützen per Gesetzesverordnung vorgeschrieben. Aber wie das läuft, „soll öffentlich nicht zugänglich sein, damit die Antragstellenden sich nicht vorbereiten können“, sagt Heubrock.

Aber kann man in solchen Tests auch die Gefährlichkeit der potenziellen Waffenbesitzer überprüfen? In einer Studie von 2006 kommt das Bremer Institut zu dem Ergebnis, dass die Legalwaffenbesitzer in psychopathologischer Hinsicht überhaupt nicht auffällig waren und in den meisten Persönlichkeitsdimensionen sogar bessere Werte erzielten als die Vergleichsstichprobe der Nichtwaffenbesitzer.

Karl Javorszky, der in Österreich waffenpsychologische Gutachten erstellt, betont allerdings: „Die meisten Tötungsdelikte werden nicht mit Schusswaffen, sondern mit anderen, frei zugänglichen Gegenständen begangen. Das Testverfahren dient eher der Volkserziehung.“