Neues Dokumentationszentrum in Bergen-Belsen: Überlebende kommen zu Wort

Die Gedenkstätte des Lagers Bergen-Belsen eröffnet ihr neues Dokumentationszentrum - mit Aufzeichnungen "vom tiefsten Punkt der Menschheitsgeschichte"

KZ, Kriegsgefangenenlager und jüdisches Camp - die neue Ausstellung zeigt Detailliertes über Bergen-Belsen. Bild: dpa

BERGEN-BELSEN taz Ein quaderförmiges graues, weitgehend fensterloses Gebäude von fast 200 Meter Länge: So sieht das neue Dokumentationszentrum aus, das der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff und Staatsminister Bernd Neumann (beide CDU) am Sonntag am ehemaligen KZ Bergen-Belsen eingeweiht haben. Mit der neuen Dauerausstellung im Innern werden Besucher der Gedenkstätte Bergen-Belsen erstmals über die gesamte Geschichte des Lagers informiert: Über das Kriegsgefangenen-Lager Bergen-Belsen, in dem zwischen 1939 und 1945 knapp 20.000 sowjetische Soldaten verhungerten oder zu Tode misshandelt wurden. Über das KZ Bergen-Belsen, das 1945 Ziel der Todesmärsche anderer Konzentrationslager war, und in dem von 1943 bis 1945 etwa 52.000 Häftlinge an Hunger, Entkräftung oder Krankheiten starben. Und schließlich wird in der ganz auf Originalquellen und Dokumente setzenden Ausstellung auch das "Displaced Persons Camp" Bergen-Belsen gezeigt, das größte jüdische Camp in der deutschen Nachkriegszeit, in dem zwischen 1945 und 1950 Überlebende 1.400 Ehen schlossen und zahlreiche Kinder zur Welt kamen.

Das Gebiet um das KZ Bergen-Belsen wurde am 15. April 1945 von der deutschen Wehrmacht britischen Truppen übergeben. Es war das erste befreite Konzentrationslager, das die SS zuvor nicht geräumt oder gar zerstört hatte. Kameraleute der britischen Armee filmten Leichenberge und halbverhungerte Überlebende.

Bergen-Belsen sei "ein Ort, von dem die schrecklichsten Bilder um die Welt gingen, Bilder vom tiefsten Punkt der Menschheitsgeschichte", sagte der Generalsekretär des Zentralrats der Juden, Stephan Kramer, bei der Eröffnungsfeier für das neue Dokumentenhaus, zu der 1.000 Gäste, darunter 100 Überlebende des Konzentrationslagers, gekommen waren.

Auf dem Rundgang durch das Dokumentationszentrum gelangt man nur einmal an ein großes Fenster, das gleichzeitig den Blick auf den ehemaligen Appellplatz des Lagers und auf den Obelisken eröffnet, der an die Opfer erinnert. Die Baracken des Lagers, in denen Ungeziefer und Krankheiten grassierten, wurden fünf Wochen nach der Befreiung in Brand gesetzt. Als das Gelände später den Deutschen übergeben wurde, planierten sie alle übrigen Gebäude.

Erst 1966 wurde an der Gedenkstätte ein kleines Dokumentenhaus erreichtet, das 1990 erweitert wurde. Die nun eröffnete neue Ausstellung ist mit 1.500 Quadratmeter Fläche viereinhalb mal größer als die alte.

340 Überlebende von Bergen-Belsen haben im vergangenen Jahrzehnt in langen Interviews über ihr Leben Auskunft gegeben. Bild- oder Tonauszüge aus diesen Interviews sind ein zentraler Bestandteil der neuen Ausstellung. Hinzu kommen Dokumente aus zahlreichen Archiven, die nach 1990 zugänglich wurden. Und Erinnerungsstücke von ehemaligen Häftlingen, Tagebücher, Zeichnungen und Kleidungstücke, die diese über Jahrzehnte hin gehütet hatten.

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