Abschiebestopp für Sunniten

Watschen für Bundesbehörde: Ein bayerisches Gericht entscheidet, dass sunnitische Flüchtlinge nicht in den Irak abgeschoben werden dürfen, weil ihnen dort der Tod droht

MÜNCHEN ap/taz ■ Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat einen Abschiebestopp für vom Terror im Irak bedrohte Sunniten verhängt. Die Richter erklärten in einem am Montag veröffentlichten Urteil die Abschiebepraxis des Bundesamts für Migration im Fall von 20 sunnitischen Flüchtlingen aus dem Zentralirak für rechtswidrig. „Angesichts der verheerenden Sicherheitslage schwebten die Sunniten in der Gefahr, Opfer religiös-politisch motivierter Gewaltakte zu werden“, erklärten die bayerischen Richter.

Der irakische Staat sei nicht in der Lage, den Schutz seiner Bürger zu gewährleisten, sondern beteilige sich vielmehr an den religiösen Auseinandersetzungen, befanden die Richter weiter. Sie bestätigten mit dem Urteil eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Ansbach.

Laut dem Gericht droht Flüchtlingen mit sunnitischer Religionszugehörigkeit aus dem Zentralirak „bei einer Rückkehr in den Irak mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Gruppenverfolgung durch nichtstaatliche Akteure“. Die Lage der sunnitischen Bevölkerung im Zentralirak habe sich in den vergangenen Jahren drastisch verschlechtert. Täglich finde eine Vielzahl von Anschlägen mit oft tödlichen Folgen für die Betroffenen statt, erklärte das Gericht. Eine zumutbare Fluchtmöglichkeit innerhalb des Irak bestehe nicht. Eine Rückkehr in den kurdisch verwalteten Nordirak sei Irakern allenfalls dann zumutbar, wenn dort aufgrund von Familien- oder Stammesverbindungen das wirtschaftliche Existenzminimum gesichert sei, betonten die Richter.

Die Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen. Die Bundesrepublik Deutschland als beklagte Gegenseite könne lediglich Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig einlegen.

Nach Angaben des Bundesamts für Migration stellten allein im vergangenen Jahr 2.100 Iraker einen Antrag auf Asyl in Deutschland.