UNO kritisiert Deutschland: Deutsche Ausländer diskriminiert

Die Vereinten Nationen rügen Deutschland. Die Regierung kämpfe nicht engagiert genug gegen Rassismus. So bekommen etwa ausländische Gewaltopfer weniger Entschädigungen als Deutsche.

In Deutschland sind "Rassismus" oder "rassistische Diskriminierung" nicht definiert. Bild: ap

GENF taz Die UNO hat Deutschland mangelndes Engagement im Kampf gegen Rassismus vorgeworfen. Die Bundesrepublik habe Verpflichtungen aus der "Internationalen Konvention zur Beseitigung jeder Form von Rassismus" bislang nicht erfüllt, kritisierte der gleichnamige Ausschuß (CERD) am Wochenende in Genf. Er überprüft, ob Länder die Konvention einhalten.

Der UNO-Ausschuß zeigte sich besorgt über eine zunehmende Zahl rassistischer Vorfälle in Deutschland. Betroffen seien vor allem Juden, Muslime, Sinti und Roma sowie afrikanische Asylbewerber. Bund und Länder müssten die Prävention und die Strafverfolgung verstärken, forderten die Ausschussmitglieder. Sie gingen besonders auf die Situation der Sinti und Roma ein. Diese würden unter anderem bei der Bildung sowie auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt benachteiligt, hieß es. Auch in den Medien werde diese Volksgruppe diskriminiert.

Der Ausschuss kritisierte weiter, dass in der deutschen Gesetzgebung "Rassismus" oder "rassistische Diskriminierung" nicht definiert sind, und dass im Strafrecht die rassistische Motivation von Verbrechen nicht ausdrücklich als strafverschärfend angesehen wird.

Der Ausschuss bemängelte, daß ein Bericht der Bundesregierung zu Antirassismus-Maßnahmen "unzureichende statistische Daten zur ethnischen Zusammensetzung der Bevölkerung Deutschlands enthält". Die Untersuchung sei nicht nach international gebräuchlichen ethnischen Kategorien aufgeschlüsselt. Nach Darstellung der Bundesregierung hat ein Fünftel der Bevölkerung in Deutschland einen Migranten-Hintergrund, rund acht Prozent seien Ausländer ohne deutschen Pass.

In seinem Bericht listete der UNO-Ausschuss peinliche Details auf: Etwa, dass AusländerInnen, die Opfer von Gewalttaten wurden, meist weniger Geld nach dem Opferentschädigungsgesetz zugesprochen werden, als deutschen StaatsbürgerInnen. In Hessen, Baden-Württemberg und im Saarland gingen nicht alle Kinder von Asylbewerbern auf eine Grundschule. Die Behörden müssten alle Hürden für einen Grundschulbesuch beseitigen, so die Forderung des Ausschusses. Besorgniserregend sei auch, dass der Anteil von Migrantenkindern in Sonderschulen besonders hoch sei.

Kritisch äußerte sich der UNO-Ausschuss auch zu den Fragebögen, die einige Bundesländer einbürgerungswilligen AusländerInnen vorlegen. Ausdrücklich kritisiert wurde der Fragebogen Baden-Württembergs wegen seiner spezifischen Fragen an AusländerInnen aus islamischen Staaten.

Der CERD-Bericht zu den Zuständen in Deutschland ist Ergebnis eines im Herbst 2006 begonnenen Überprüfungsverfahrens, dem sich alle 173 Vertragsstaaten der Konvention regelmäßig unterziehen müssen. Zu Beginn des Überprüfungsverfahrens hatte die Regierung dem CERD einen Bericht über ihr Maßnahmen zur Umsetzung der Antirassismuskonvention vorgelegt.

Dazu formulierten die UNO-Experten nach Konsultation mit Landes- und Bundesbehörden sowie mit dem Forum Menschenrechte zahlreiche kritische Anfragen, auf die eine Delegation aus den Ministerien für Justiz, Inneres, Äußeres sowie Familie abschließend in einer mündlichen Anhörung Anfang August in Genf reagieren konnte.

Menschenrechts-Organisationen kritisierten Deutschland: Das Forum Menschenrechte, in dem 50 deutsche Nichtregierungsorganisationen zusammengeschlossen sind, legte dem CERD einen kritischen "Schattenbericht" zum Staatenbericht vor. Die Internationale Liga für Menschenrechte erklärte, der UNO-Ausschuss habe "in ungewöhnlich deutlicher Form" die Missstände benannt. Es sei klar geworden, dass die Bundesregierung nicht entschieden genug gegen Rassismus vorgehe.

Bereits vor sieben Jahren habe die Bundesregierung bei der Antirassimuskonferenz der UNO in Durban versprochen, einen Nationalen Aktionsplan gegen Rassismus aufzustellen, sagte Vizepräsident Yonas Endrias. Dem Bundesinnenministerium zufolge ist der Aktionsplan inzwischen zwischen Bund und Ländern abgestimmt und soll demnächst im Kabinett beschlossen werden.

Das Forum Menschenrechte kritisiert in seinem Schattenbericht jedoch, dass die Regierung bei der Erstellung des Aktionsplanes die Nichtregierungsorganisaitonen (NRO) zwar konsultiert, dann aber keinen ihrer Vorschläge berücksichtigt habe.

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