Hamburger SPD-Abgeordneter Ciftlik: Vom Parteifreund zum Lieblingsfeind

Die Hamburger SPD will ihren Ex-Hoffnungsträger Ciftlik aus Partei und Fraktion werfen. Das Amtsgericht hatte ihn zuvor schuldig gesprochen, eine Scheinehe arrangiert zu haben.

Fühlt sich zu Unrecht verurteilt: der Hamburger SPD-Politiker Bülent Ciftlik. Bild: dpa

HAMBURG taz | Die Reaktion erfolgte umgehend. Nur wenige Minuten nach dem Ende des Strafverfahrens gegen den Hamburger SPD-Bürgerschaftsabgeordneten Bülent Ciftlik meldete sich der SPD-Landeschef Olaf Scholz mit einer eindeutigen Botschaft zu Wort: "Das Urteil des Amtsgerichtes beendet auch die politische Laufbahn von Ciftlik. Der Abgeordnete sollte Partei und Fraktion nun verlassen. Wenn er diesen Schritt nicht von sich aus unternimmt, werden Landesvorstand und Fraktion ihn ausschließen."

34 Worte, die den tiefen Fall des einstigen Hoffnungsträgers der Hamburger SPD besiegeln. Und charakterisieren, dass Scholz das Motto, unter dem er im vergangenen November den Hamburger SPD-Vorsitz annahm, ernst nimmt: "Wer Führung bestellt, wird Führung bekommen." Tritt Ciftlik nicht freiwillig aus der Fraktion aus, soll er in der kommenden Woche von dieser ausgeschlossen werden.

Am Montagabend hatte das Amtsgericht St. Georg den 38-Jährigen schuldig gesprochen. Schuldig, seine ehemalige Affäre Nicole D. Anfang 2008 zu einer Scheinehe mit dem Türken Kenan T. überredet zu haben, damit dieser nicht ausgewiesen werden könne. Zu 150 Tagessätzen à 80 Euro verurteilte das Gericht Ciftlik; akzeptiert er den Schuldspruch, gilt er als vorbestraft. Ciftlik, der den Tatvorwurf bis zum Schluss vehement abstritt, kündigte aber noch am Dienstag an, in die nächste Instanz zu ziehen, um weiter für einen Freispruch zu kämpfen.

Ein Szenario, das in der Hamburger SPD wenig Begeisterung auslöst. Seit Scholz als Landeschef mit eisernem Besen kehrt, geht es an der Alster steil aufwärts mit der SPD, präsentiert sich die Partei geschlossen und eilt von Umfragehoch zu Umfragehoch. Ciftlik gilt da als Altlast, die es möglichst schnell zu entsorgen gilt. Für die Hamburger SPD ist Ciftlik, der sein Mandat seit Monaten ruhen lässt, in kurzer Zeit vom Hoffnungsträger zur Belastung geworden, weil er der Partei fortwährend Negativ-Schlagzeilen beschert.

Die Hamburger Medien fällten schon früh ihr Urteil über den Beschuldigten. Zahlreiche manipulierte Beweismittel rund um das Verfahren, die der Anwalt der Mitangeklagten der "Fälscherwerkstatt des Bülent Ciftlik" zuordnete, taten ein Übriges, den Politiker in ein kriminelles Licht zu stellen. Immer mehr einstige Freunde und Weggefährten, allen voran Scholz, wandten sich von Ciftlik ab. Am Ende wurde es einsam um ihn, kämpfte er seinen Kampf gegen die Mühlen der Justiz ganz allein. "In der Fraktion stand ihm niemand mehr nah, seine Kollegen standen ihm nur unterschiedlich fern", bringt es ein SPD-Funktionär auf den Punkt.

Doch so schell wird die Partei Ciftlik nicht los. Der Scholzschen Aufforderung, die SPD umgehend zu verlassen, will er nicht folgen. "Ich werde nie freiwillig aus der Partei austreten, der ich so viel verdanke", sagt er. Noch immer hat Ciftlik seinen Traum von der Parteikarriere nicht ganz aufgegeben. Er fühlt sich zu Unrecht verurteilt.

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