Katholische Kirche geht juristisch gegen Pfeiffer vor

MISSBRAUCHSSTUDIE Der Kriminologe soll Zensur- und Kontrollvorwürfe nicht mehr verbreiten

BERLIN taz | Um den Stopp der Studie zum Missbrauch in der katholischen Kirche wird weiter heftig gestritten: Der bisherige Leiter der Studie, der Kriminologe Christian Pfeiffer, erhielt am Mittwoch eine Unterlassungserklärung vom Anwalt der Deutschen Bischofskonferenz. Darin wird er aufgefordert, von den Zensur- und Kontrollvorwürfen abzusehen. Die Erklärung sollte er bis gestern, Donnerstagmittag, unterzeichnen. Andernfalls wolle die Bischofskonferenz eine einstweilige Verfügung vor Gericht erwirken, sagte Pfeiffer.

Die Studie hätte kirchlichen Missbrauch umfassend untersuchen sollen und externen Forschern unter Pfeiffers Leitung erstmals Zugang zu den Archiven der Kirche ermöglicht. Pfeiffer sah am Donnerstag keinen Anlass, von seiner Position abzurücken. „Ich bin erstaunt über das amateurhafte Vorgehen der Kirche“, sagt er zur taz. Er habe die Unterlassungserklärung per Mail, ohne Anwaltsvollmacht und mit einer viel zu kurzen Frist erhalten. So sei sie nicht rechtsgültig. Er warte jetzt ab, ob eine Erklärung in korrekter Form per Post folge. Das würde Pfeiffer durchaus begrüßen: „Dann könnte ich vor Gericht belegen, dass die Kirche uns mit Vertragsregelungen gegenüber getreten ist, die Zensur bedeuten.“

Die Bischofskonferenz hatte als Hauptgrund für die Vertragskündigung das „zerrüttete“ Verhältnis zu Pfeiffer genannt. Der Sekretär der Konferenz, Hans Langendörfer, ergänzte am Donnerstag, dass es offenbar auch unterschiedliche Vorstellungen darüber gegeben habe, wie mit den Interviewprotokollen von Missbrauchsopfern umgegangen werden sollte. Pfeiffer zeigte sich verblüfft: „Da werden Nebelkerzen geworfen“, sagte er zur taz. Er vermutet vielmehr, die katholische Kirche wolle „von zentralen Themen ablenken“.

Der Beauftragte der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Johannes-Wilhelm Rörig, bedauerte den Stopp des Forschungsprojekts: „Es wäre ein wichtiger Baustein im Bereich der Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs in Deutschland gewesen“, sagte er im ZDF-„Morgenmagazin“. Laut Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) entstehe so der Eindruck, dass „die Kirche am Ende die Hand drauf haben wollte, was wirklich veröffentlicht werden soll und was nicht“. JULIA AMBERGER