Hass-Oma schleudert Kleinkind auf die Straße

BAYERN Eine 63-Jährige sitzt wegen „versuchten Mordes“ in U-Haft. Rassistisches Motiv vermutet

MÜNCHEN taz | Eine Rentnerin im oberfränkischen Coburg soll versucht haben, einen vierjährigen Jungen umzubringen, indem sie ihn auf eine befahrene Straße stieß. Offenbar war die Tat rassistisch motiviert. Die 63-Jährige befindet sich in Untersuchungshaft.

Laut Polizeibericht war die attackierte Familie am Gründonnerstag auf der Coburger Bahnhofsstraße unterwegs. Die 29-jährige Mutter schob das jüngste ihrer drei Kinder im Wagen, die beiden anderen liefen neben der Mutter. Die Familie hat einen türkischen Migrationshintergrund, ist aber in Deutschland geboren und hat die deutsche Staatsbürgerschaft.

Die 63-jährige Rentnerin, Irene G., kam der Familie entgegen und beleidigte zunächst die Mutter mit ausländerfeindlichen Äußerungen. Dann fasste sie nach dem Vierjährigen und schleuderte ihn auf die Straße. Autos, die auf der Straße fuhren, konnten bremsen oder ausweichen, sodass der Junge mit einem blauen Fleck davonkam. Der Junge hatte Glück: Die sonst viel befahrene Straße war wegen einer Baustelle in einer Fahrtrichtung gesperrt, so waren etwas weniger Autos unterwegs als sonst. Die Mutter erstattete sofort Anzeige. Die Rentnerin wurde festgenommen. Die Staatsanwaltschaft Coburg ermittelt wegen „versuchten Mordes“.

Wie örtliche Medien berichten, scheint die Rentnerin schon häufiger durch ausländerfeindliche Aktionen aufgefallen zu sein. So habe sie etwa regelmäßig Briefe und Mails mit Hetzparolen an Medien und Polizei verschickt, wie das Nachrichtenportal infranken.de berichtet. Darin habe sie sich über eine Frau beschwert, die ein Kopftuch trägt, und diese auch mehrfach mit ihren Kindern fotografiert. Ob das die Frau war, die sie nun attackiert hat, ist Gegenstand der Ermittlungen. Außerdem gelte die Rentnerin als militante Frauenrechtlerin, die überall fremdländische Verschwörungen wittere, heißt es weiter. Alexander Czech vom Polizeipräsidium Oberfranken sagte der taz, dass die Frau „möglicherweise geistig verwirrt“, in jedem Fall aber „verhaltensauffällig“ sei. Nach ersten Ermittlungsergebnissen gehört die Rentnerin keiner rechtsextremistischen Organisation an. Die Staatsanwaltschaft will ein ausführliches psychiatrisches Gutachten anfertigen lassen.

MARLENE HALSER