Schon der erste Schritt ist strafbar

REPRESSION Die Hirsch-Harms-Kommission zur Prüfung der Anti-Terror-Gesetze diskutierte kontrovers – zum Beispiel über die Bestrafung terroristischer Vorbereitungshandlungen. Eine spannende Debatte

BERLIN taz | Es ist kein Forderungskatalog, sondern die Dokumentation einer Kontroverse: Die Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetze in Deutschland war sich selten einig, aber immerhin gelang es ihr, einen gemeinsamen Bericht vorzulegen. Viele hatten im Vorfeld schon erwartet, dass es am Ende zwei getrennte Berichte geben würde, einen von den Experten des Innenministeriums, einen zweiten für die Zwecke der Justizministerin.

Die Kommission hatte sechs Mitglieder, drei davon durfte Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) benennen: Ex-Generalbundesanwältin Monika Harms, Rechtsprofessor Heinrich Amadeus Wolff und den Ministerialbeamten Stefan Kaller. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) berief ihren Parteifreund Burkhard Hirsch, den Rechtsprofessor Matthias Bäcker und den Ex-Ministeralbeamten Volkmar Giesler. Da Wolff sich immer wieder auf die liberale Seite schlug, waren die Fronten weniger rigide als erwartet.

Exemplarisch ist die Auseinandersetzung um das 2009 von der großen Koalition beschlossene „Gesetz zur Verfolgung der Vorbereitung von schweren staatsgefährdenden Gewalttaten“ (GVVG). Unter Strafe stehen seither der Besuch von terroristischen Ausbildungslagern, aber auch das Sammeln von Geld oder das Erlernen von Sprengtechniken – wenn es der Vorbereitung eines Anschlags dient.

Hirsch, Bäcker und Wolff sahen darin eine neue Funktion des Strafrechts, das immer häufiger bereits Vorbereitungshandlungen unter Strafe stellt. Sie sprechen von einem „kriminalpräventiven Strafrecht“, das Ermittlungen erleichtern und potenzielle Täter früh aus dem Verkehr ziehen soll. Soweit „äußerlich neutrale“ Handlungen wie der Erwerb technischer Fähigkeiten bestraft werden, komme es nur noch auf die Zielrichtung an. „Solche Regelungen kommen einer Strafbarkeit bloßer Gedanken oder Gesinnungen zumindest nahe“, kritisierten Hirsch, Bäcker und Wolff.

Harms und Kaller verteidigten das Gesetz. Die Strafbarkeit von Vorbereitungshandlungen sei nicht neu. Die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung (§ 129a) sei längst strafbar und das GVVG notwendig. Denn immer mehr Anschläge würden von Einzelpersonen und losen Netzwerken begangen. Hirsch, Bäcker und Wolff forderten eine „Überprüfung“ des GVVG. Harms und Kaller hielten das für verfrüht. Aber die Diskussion war interessant. CHRISTIAN RATH