Zwei von fünf Allein- Erziehenden auf Hartz IV

FAMILIE Steuerrecht und Unterhaltsregelungen benachteiligen die Betroffenen, zumeist Frauen

BERLIN/GÜTERSLOH dpa/epd | Alleinerziehende in Deutschland sind besonders häufig von Arbeitslosigkeit und Armut betroffen. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung. Zwei von fünf der alleinerziehenden Mütter oder Väter sind danach auf die Sozialleistung Hartz IV angewiesen.

Schuld daran seien schlechte rechtliche und familienpolitische Bedingungen, sagte Jörg Dräger, Vorstandsmitglied der Stiftung. „Der Politik gelingt es nicht, die Lebenslage der Alleinerziehenden zu verbessern.“

Die Studie wurde von der Darmstädter Juraprofessorin Anne Lenze erstellt. Ihr zufolge benachteiligt das Steuerrecht die Betroffenen. Außerdem greife der Staat Müttern nicht genug unter die Arme, wenn Väter ihren Unterhaltspflichten nicht nachkommen. Auch die Industrieländer-Organisation OECD hatte schon mehrfach die starke Abgabenlast von Alleinerziehenden in Deutschland kritisiert.

Rund 2,2 Millionen Kinder wachsen laut Lenze inzwischen mit nur einem Elternteil auf. Die Tendenz sei steigend. Neun von zehn Alleinerziehenden sind demnach Frauen. In jedem zweiten Fall zahlten die Väter den Unterhalt nicht in voller Höhe. Zwar könnten die betroffenen Mütter als Ausgleich den sogenannten Unterhaltsvorschuss bei den Kommunen beantragen. Dieser sei jedoch auf maximal sechs Jahre und auf das zwölfte Lebensjahr beschränkt.

Sozialleistungen angerechnet

„Alleinerziehende und ihre Kinder haben das höchste Armutsrisiko aller Familienformen“, kritisierte auch die Bundesgeschäftsführerin des Verbands alleinerziehender Mütter und Väter, Miriam Hoheisel. Bisherige familien- und sozialpolitische Maßnahmen erreichten Kinder von Alleinerziehenden oftmals nicht. Eine Kindergelderhöhung gehe an jenen Kindern komplett vorbei, die Unterhaltsvorschuss beziehen oder in Hartz IV leben, sagte Hoheisel. Auch der Kinderzuschlag als Hartz-IV-vermeidende Leistung komme ausgerechnet bei Alleinerziehenden nicht an, da der Unterhaltsvorschuss und Unterhalt angerechnet würden, kritisierte Hoheisel.

Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) verlangte angesichts des hohen Armutsrisikos von Alleinerziehenden mehr steuerliche Förderungen. „Alleinerziehende müssen auch steuerlich entlastet werden, um Familie und Beruf zu vereinbaren“, sagte Schwesig nach einer Vorabmitteilung in der ZDF-Sendung „WISO“, die an diesem Montag ausgestrahlt wird.