Neuauflage mit gerupfter Linker

BRANDENBURG Rot-Rot, die Zweite: Die SPD entscheidet sich erneut für ein Bündnis mit der Linkspartei und gegen die Christdemokraten

„Hoffentlich kapituliert die Linke bei den Verhandlungen nicht“

AXEL VOGEL, GRÜNE

VON STEFAN REINECKE

Sozial- und Christdemokraten in Brandenburg verstehen sich nicht. Offenbar können sie sich noch nicht mal darauf einigen, wer was zu wem gesagt hat. CDU-Spitzenkandidat Michael Schierack behauptet, er wäre gerne Minister geworden. SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke sagt, er habe den CDU-Mann mehrmals gefragt, ob er wolle, der aber habe Nein gesagt. Das sei typisch für die unstete CDU in Potsdam. Ins selbe Horn blies Klara Geywitz, die Generalsekretärin der Brandenburger SPD gegenüber der taz: „Die CDU ist zu instabil fürs Regieren“, sagte sie. Jetzt verhandelt die SPD mit der Linkspartei über eine neue Regierung.

Das zeigt: Inhaltlich gibt es weder zwischen SPD und CDU noch zwischen SPD und Linkspartei unüberwindliche Hindernisse. Angesichts von Schuldenbremse und künftig sinkenden EU-Geldern sind die Spielräume eng. Weil die Parteien inhaltlich nichts Fundamentales trennt, ist um so wichtiger, ob die Chemie stimmt. Und Dietmar Woidke und der Linkspartei-Vorsitzende Christian Görke verstehen sich – während der SPD-Ministerpräsident und der als moderat geltende CDU-Mann Michael Schierack offenbar schon bei einfachen Fragen Verständigungsschwierigkeiten haben.

Allerdings gibt es auf dem Weg zur Wiederauflage von Rot-Rot noch Hindernisse. Die Linkspartei verlor bei den Wahlen 8,6 Prozent. Eine interne Wahlanalyse der Linkspartei legt nahe, dass die Partei zu wenig „Politikangebote für Menschen, die in Familien mit Kindern leben“ hat. Familienpolitik sei „eine Überlebensfrage für die Partei“, heißt es beschwörend. Die Linkspartei verlor besonders stark bei den um die 40-Jährigen.

Doch was folgt daraus? Bisher hatte die Linkspartei das Justiz-, Wirtschafts-, Finanz- und Umweltministerium inne. Ob sie nun das Bildungsministerium beansprucht, ist offen. Aus SPD-Kreisen ist zu hören, man habe Verständnis, dass die Linkspartei nach der Wahlniederlage etwas ändern wolle. Das Bildungsministerium bleibe aber wie das Innenministerium bei der SPD. Wahrscheinlich ist zudem: Die Linke wird eines der vier Ministerien an die SPD abtreten müssen.

Inhaltlich gab es zwischen SPD und Linkspartei bei den Sondierungen in zwei Bereichen Differenzen: Schule und Energiepolitik. Die SPD will die Schulstruktur beibehalten, die Linkspartei fordert längeres gemeinsames Lernen. Die Fraktionschefin der Linkspartei, Margitta Mächtig, sagte, Rot-Rot sei auf „einem guten Weg“. Es werde mehr gemeinsames Lernen ohne neue Schulform geben. Bei der Energie will die Linkspartei am Ausstieg aus der Braunkohle 2040 festhalten – die SPD fordert mehr Flexibilität. Axel Vogel, Fraktionschef der Grünen in Potsdam, hofft, dass die Linkspartei „bei den Koalitionsverhandlungen nicht vollständig kapituliert“.

Allerdings hat die Parteispitze selbst dafür gesorgt, dass sie etwas Vorzeigbares aushandeln muss. Laut Parteitagsbeschluss werden am Ende die etwa 7.000 Linkspartei-GenossInnen in Brandenburg den Koalitionsvertrag absegnen. Oder auch nicht.

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