Ehe darf sich wandeln

PARTNERSCHAFT Das Grundgesetz steht einer Öffnung der Ehe für homosexuelle Paare nicht entgegen. Der Gesetzgeber muss es nur wollen – doch das Kabinett denkt gar nicht daran

Natürlich gäbe es eine Alternative zu diesem bürokratischen Klein-Klein

VON CHRISTIAN RATH

FREIBURG taz | Die Bundesregierung wird an diesem Mittwoch einen Gesetzentwurf „zur Bereinigung des Rechts der Lebenspartner“ beschließen. Die Öffnung der Ehe für Homosexuelle wird das Kabinett aber nicht auf den Weg bringen – obwohl dies rechtlich möglich wäre.

Der von Justizminister Heiko Maas (SPD) vorgelegte Gesetzentwurf sieht die Änderung von 32 Gesetzen vor – von der Höfeordnung bis zur Laufbahn-Verordnung für den Verfassungsschutz. Regelmäßig werden nach dem Wort „Ehegatten“ die Worte „oder Lebenspartner“ eingefügt. Laut Begründung des Gesetzentwurfs handelt es sich um „redaktionelle Änderungen“ von Vorschriften, „die von geringer praktischer Bedeutung sind“.

Unter dem Punkt „Alternativen“ wird vermerkt: „Keine“. Doch das stimmt nicht. Natürlich gäbe es eine Alternative zu diesem bürokratischen Klein-Klein. Wenn Homosexuelle eine normale Ehe eingehen könnten, müsste die eingetragene Lebenspartnerschaft nicht mühsam in jedem Detail an die Ehe angeglichen werden.

Der Bundesrat hat im März 2013 einen Gesetzentwurf vorgelegt, der zeigt, wie die Ehe geöffnet werden könnte: „Die Ehe wird von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts auf Lebenszeit geschlossen.“ Diese Definition solle künftig im Bürgerlichen Gesetzbuch stehen, so der Vorschlag der Länderkammer.

Eine Änderung des Grundgesetzes ist hierfür nicht erforderlich, auch wenn dies von Unions-Politikern immer wieder behauptet wird. Die Ehe ist im Grundgesetz nämlich gar nicht näher definiert. Dort heißt es nur: „Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.“ Was eine Ehe ist, bestimmt der Gesetzgeber. Doch seit 2005 ist die CDU/CSU führende Regierungskraft und blockiert eine generelle Liberalisierung.

Homo-Aktivisten versuchten mehrfach, das Bundesverfassungsgericht dazu zu bringen, einfach selbst die Ehe für Homosexuelle zu öffnen. Dazu waren die Richter nicht bereit. Sie gehen davon aus, dass die Ehe traditionell eine Lebenspartnerschaft „von Mann und Frau“ ist. Eine Änderung der „herrschenden Auffassungen“ vom Wesen der Ehe wird zwar für möglich gehalten. Die Richter gehen davon aus, dass ein solcher Wandel „in der gesetzlichen Regelung“ zum Ausdruck komme. Heißt: Der Gesetzgeber darf die Ehe öffnen, muss dies aber nicht.

Letztlich ist die Öffnung der Ehe nur noch ein Symbol – für Liberalität oder Konservativismus. In der Praxis ist die eingetragene Homo-Partnerschaft der Ehe weitgehend gleichgestellt. Zuletzt verlangte das Verfassungsgericht 2013 die Angleichung beim Ehegattensplitting. Den Homopaaren fehlt im Wesentlichen nur noch das Recht, gemeinsam Kinder zu adoptieren. Da es aber möglich ist, dass erst der eine Partner, dann der andere Partner adoptiert, ist auch das nur noch eine symbolische Frage. Beim Bundesverfassungsgericht ist zur gemeinsamen Adoption nicht ein Fall anhängig.