Berlin-Doku im Gropius-Bau: Alles, nur nicht sexy

"ARTE im Martin-Gropius-Bau" widmet sich dem künstlerischen Schaffen in Berlin. Heinz Peter Schwerfels Dokumentation"Berlin - Arm, aber sexy" machte den Auftakt.

Arm auf keinen Fall: "Sex and the City"-Darstellerin Cattrall und Bürgermeister Wowereit. Bild: dpa

Nicht ohne guten Grund eröffnet Heinz Peter Schwerfel die Arte-Reihe zum kreativen Berlin, die als Veranstaltungsreihe im Martin-Gropius-Bau Film und Diskurs mit einander verbindet. Sein Beitrag handelt von der Künstler-Metropole Berlin. Nur im Bereich der bildenden Kunst gilt auch international als Cutting Edge, was aus Berlin kommt und was in Berlin passiert.

Natürlich treibt die Frage, die sich alle stellen, auch Heinz Peter Schwerfels Dokumentation: Was zum Teufel macht Berlin für die Kunstklientel so attraktiv? Die Antwort scheint zwar schon der Titel des Films zu geben, der den Regierenden Bürgermeister und dessen Erklärung des Geheimnisses von Berlin zitiert, "Arm, aber sexy". Anders als die unbestreitbare Armut Berlins, aber muss Berlins real existierender Sex appeal erst noch bewiesen werden. Argumente dazu sollen nun von vier nach Berlin zugewanderten Leuten aus der Kunstwelt kommen. In einer sehr jungen Galerieszene, der Möglichkeit sich zurückzuziehen ohne Sanktionen fürchten zu müssen, oder dem fehlenden Druck auszustellen, sehen der noch unbekannte Maler Posso, Julian Rosenfeld, Aufstiegskandidat in die Top-Liga der Medienkünstler, Amel Bourouina, die angehende Galeristin oder der Sammler Ivo Wessel die Vorzüge Berlins gegenüber Barcelona, Paris oder auch Braunschweig. Daneben bestätigt ein Mitschnitt vom Vernissagenauftritt des Vorstandssprechers der Deutschen Bank, Josef Ackermann, den hohen Imagefaktor zeitgenössischer Kunst, den Christiane zu Salm denn auch als Grund ihrer Sammlertätigkeit angibt.

Trotz der coolen Panoramen und schicken Nahaufnahmen, die den Berlin-Hype - wie den eigenen filmische Blick - beglaubigen wollen, kommt "Arm, aber sexy" über einen Einführungskurs in die allgemeine Berlinkunde unter spezieller Berücksichtigung des Kunstbetriebs nicht hinaus. Schnell ist man also gelangweilt, schon weil der vielfach preisgekrönte Autor und Dokumentarist Interviews als didaktisches, nicht als investigatives Mittel begreift. Die Idee, vereinzelte Statements zu konkretisieren, gar zu hinterfragen, gibt es nicht. Wie aber steht es um die "kommerzielle Zustimmung", die "die Bohème" angeblich in Berlin erfährt, im Unterschied zu anderen Städten? Um die Akzeptanz des "Undergrounds als offizielle Kultur", wenn auch hier mehr und mehr die Kultur der zwei Partys anlässlich ein und desselben Events um sich greift? Schwerfel kennt weder die für den - neutral gesprochen - engeren Kreis (obwohl er dort erkennbar filmte), noch die für den weiteren. Dieses frigide Weg- statt Hinschauen, erklärt, warum "Arm, aber sexy" alles, nur nicht sexy ist.

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