Engel aus Amerika

Nicht mild, eher sauer

Brütende Hitze liegt über der Behrenstraße. Vor dem Seiteneingang des Adlon hat sich ein kleiner Menschenauflauf gebildet, hier findet gleich die Pressekonferenz zu „Mamma Mia“ statt. Über dicke Teppiche, durch große Flügeltüren, über eine Treppe wird man in einen Vorraum geleitet. Statt der üblichen Thermoskannen stehen erlesen blitzende Espressomaschinen bereit, Wasserflaschen lagern in Kristallschüsseln.

Im „Palaissaal“ – lindgrüne Tapete mit Goldleisten, die Polstersessel Ton in Ton – herrscht gespannte Erwartung. Sicherheitsleute, Assistentinnen und sonstige Vertraute blicken immer wieder auf die Uhr, sprechen nervös in Headsets. Dann kommen nacheinander Regisseurin und Mitwirkende des Abba-Musical-Films unter höflichem Applaus in den Saal, die berühmtesten am Schluss: Pierce Brosnan und Meryl Streep.

Sie sehen haargenau so aus wie auf der Leinwand, nur Pierce Brosnan, den man als markanten James Bond im Gedächtnis hat, spricht mit merkwürdig sanfter, fast effeminiert-hauchender Stimme. Interessantes wird berichtet: „Es hat so Spaß gemacht, diesen Film zu drehen.“ Es war so great, outstanding, amazing! Ja, singen und tanzen gleichzeitig ist nicht einfach! Ja, man kriegte die Abba-Songs nicht aus dem Kopf!

Die Frage- und Antworterei wird zunehmend mühseliger, als sich aus der ersten Reihe ein Abba-Fan – „I come from the website www.abba.de“ – mittleren Alters mit leicht fettigem Haar und recht legerer Freizeitkleidung zu Wort meldet: „Is it true that you wrote a letter to Bjoern, that you want to be in the film?“ „No!! It’s not true!!“, kreischt Meryl Streep erbost auf und alle Milde schwindet aus ihrem Gesicht.

CHRISTIANE RÖSINGER