Mediaspree, nee

Demo der Vergangenheit

Ab an die Spree. In meiner Tasche verstaute ich mehrere Tageszeitungen, den MP3-Player und etwas, das man mit sehr viel Nachsicht als Picknickkorb bezeichnen könnte. Wir machten es uns an dem überdimensionalen Schild der O2-Arena bequem. Paradoxerweise waren es die MediaSpree-Gegner, die unsere Idylle zerstörten.

Auch wenn die Abstimmung über das Bauvorhaben bereits hinter ihnen lag, so erklärten sie mir, dürfe man nicht aufhören, Präsenz zu zeigen – in den Strandbars und im Kiez. Ich stimmte zu. Es gehe nicht nur um Bausünden, sondern auch um das Miteinander im Bezirk und die Erhöhung der Mieten. Ich stimmte zu und raschelte demonstrativ mit den Seiten meiner Zeitung. Der Wahlzettel sei ein Witz gewesen, umständlich formuliert, niemand habe verstanden, was er eigentlich ankreuzen sollte. Ich stimmte zu und blätterte weiter.

Ärgerlich hielt mir einer die Kopie eines Wahlzettels unter die Nase, der tatsächlich dem Fangesang der tschechischen Fußballfans ähnelte. Diese beschreiben ihre Lust am Rumhüpfen mit dem Ausruf: „Wer springt nicht? Die Tschechen sind es nicht!“ Mit diesem Kommentar reichte ich ihm den Zettel zurück, aber ich hatte die Rechnung ohne ihn gemacht: „Kommst hier her, um dit allet zu jenießen und danach hauste wieder ab in dein Schickimicki-Bezirk!“

Ich stimmte zu – und betrachtete mit etwas Wehmut die Häuser auf der Kreuzberger Seite, wo ich geboren und aufgewachsen bin und einst gegen die Öffnung der Oberbaumbrücke demonstriert hatte. Auch damals hatten Bezirksbürgermeister und andere Würdenträger versprochen, die Sorgen der Bürger ernst zu nehmen – und sie dann wegprügeln lassen. JURI STERNBURG