Abbau und Aufbruch

QUADRIENNALE Die neue Kunst in Düsseldorf ist super und superlativ

Die Frage, wer im Museum das Sagen hat, ist erst einmal ausgesetzt

Die Kunst ist super, nicht nur in Berlin, sondern auch in Düsseldorf. Dort hat Marion Ackermann, seit dem 1. September 2009 Leiterin der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, an diesem Wochenende ihre Sammlungsneupräsentation im K 21, dem Ständehaus, der Öffentlichkeit vorgestellt. Im Vorfeld hatte es Ärger gegeben. Denn Reinhard Mucha hatte sich heftig gegen Ackermanns Ansinnen gewehrt, im Zuge der Neuordnung seinen Beitrag zum deutschen Pavillon in Venedig 1990, „Deutschlandgerät“, an seinem alten Standort abzubauen.

Nun thront der 2002 nach Düsseldorf gekommene, düstere Geräte-Koloss noch immer im zentralen Raum des zweiten Stockwerks, sehr fremd inmitten der frischen, intelligenten Neuhängung. Und die Frage, wer im Museum das Sagen hat, ist erst einmal ausgesetzt.

Die Idee, die Marion Ackermann in ihrer Neupräsentation verfolgt, nämlich Hauptwerke der klassischen Moderne mit zentralen Positionen der Gegenwartskunst in einen Dialog zu bringen, ist recht besehen so neu nicht. Im Fall des Ständehauses, das bislang vor allem Installationen, Skulpturen, Fotografie und Videoarbeiten gezeigt hat und in das nun wieder Tafelbilder einzogen, überzeugt sie aber besonders. Denn anders als man vermuten möchte, verstellt die leidige Sortierung nach der Machart eher den Blick auf das inhaltliche wie formale Anliegen der Kunstwerke. Ein Raum dagegen, in dem jetzt die Typologien der Bechers gegenüber dem gesichts- und handlosen Mannequin hängen, das George Grosz 1920 inmitten einer Straßenschlucht modernistischer Fabrikfassaden stellte, schärft das Empfinden für das Gewicht der formalen Entscheidung, die die Fotografen für ihre Ansicht der Industriearchitektur trafen. Aber auch der von Grosz, der sich nach eigener Aussage an der „Sachlichkeit und Klarheit der Ingenieurzeichnung“ orientierte, um ein unpersönliches Lehrbild zu schaffen.

Die Kunst ist aber nicht nur super in Düsseldorf, sie ist auch superlativ. Jedenfalls ab September, wenn zum zweiten Mal die Quadriennale stattfindet, das Fest der bildenden Kunst, wie Düsseldorfs Kulturdezernent Hans-Georg Lohe auf der Pressekonferenz sagte. Es wird vor allem ein Fest der Klassiker der Gegenwartskunst werden: Joseph Beuys wird von der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen gefeiert, Marcel Broodthaers vom Kunstverein, Nam June Paik vom museum kunst palast, Stephen Shore vom NRW-Forum, James Lee Byars von der Stiftung Schloss und Park Benrath, Katharina Sieverding vom inter media art institute und schließlich Derek Jarman mit seinen ganz frühen Super-8-Filmen von der Julia Stoschek Collection. Womit erneut klar wird, dass spannende Kunst eine Angelegenheit (in der Mehrzahl) toter Männer ist.

BRIGITTE WERNEBURG